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Seit Samstag bin ich süchtig auf die Rosmarin-Foccacia von Paolo’s. Am Samstag war nämlich Foodcamp in Wien, sprich: ein Barcamp rund ums Thema Anbauen, Kochen, Essen, Genießen… – und da gab’s auch jenes duftende Objekt der Begierde, wegen dem ich heute extra zum Westbahnhof gefahren bin. (Von wegen „Aber die Kinder wollen Spaghetti, lass uns doch…“ – Die Mama wollte Rosmarin. Das ist die ungeschönte Wahrheit.) But I’m getting ahead of myself.

Also. Foodcamp in Wien. Feine Sache! Und zum Glück gibt’s rundum schon ein paar Berichte, etwa bei The Stepford Husband. Dazu schöne Fotos von Roman Sindelar [Anm.: Verdammt, den kenn ich von wo. Von wo kenn ich den bloß?]
Die beiden Organisatorinnen Dani Terbu (of Frühstückerinnen-Fame) und Nina Mohimi (= ein Drittel der Foodisten) haben in den letzten Wochen die Entstehung der Veranstaltung wunderbar auf einem eigens eingerichteten Foodcamp-Blog dokumentiert. Somit kann ich mir uns das Herunterbeten sämtlicher Eckdaten ersparen. Hier geht’s nur mehr um das, was ich am Samstag als Inspiration mit nach Hause nehmen konnte.

Und inspirierend war’s allemal! Wo, wenn nicht auf einem Foodcamp kann man so schöne Sätze hören wie „Das penicilinum roqueforti ist der Big Player beim Schimmelkäse“ (Sarah Satt bei ihrem Vortrag über selbstgemachten Rohmilchkäse). Oder „Pasteurisierung ist kein Wunschkonzert“ (Christian Müller-Gutenbrunn, ebenda). Ich weiß jetzt, dass Käse ein Lebensmittel ist, das per se niemals schlecht wird, es ändert sich bloß die Art der Schimmelkultur. Einzige Ausnahme: Der Käse wird in einem schmutzigen Kühlschrank gelagert, in dem fremde Bakterien überspringen können. Einwurf aus dem Publikum: „Wann gilt ein Kühlschrank als schmutzig?“ – Antwort von Christian Müller-Gutenbrunn: „Schmutzig ist jeder Kühlschrank, in dem noch etwas anderes außer Käse lagert!“ Hmmm. Houston, we have a problem…

Dafür weiß ich jetzt auch, dass es „milbengereiften Käse“ gibt: Käse, der von Milben gegessen, verdaut und ausgeschieden wird, wodurch er seine besondere Note erhält. Und wenn ich einmal groß bin, ergreife ich vielleicht den schönen Beruf „Affineur“ (weibliche Form: Affineurin? Affineuse? …?) Der Affineur ist derjenige, der den Käse zwecks Endfertigung mit Schnaps einreibt. Oder mit Rosmarin – da wären wir dann wieder bei meinem aktuellen Spleen gelandet…

Ich hab aber noch mehr gelernt beim #foodvie:

Von Alexandra Palla (Bloggerin auf www.roughcutblog.com und Organisatorin des Ama Foodblog Awards) kommt der Tipp, sich für Hipstamatic das „Foodie Snap Pack“ herunter zu laden, das von David Loftus entwickelt wurde. Der gute Mann ist Jamie Olivers Kochbuchfotograf und hatte wohl Mitleid mit Fotonulpen wie meinereiner, deshalb gibt’s von ihm Linse, Film und Blitz speziell für Handy-Foodfotografie um 79 Cent als Hipstapack. (In-App-Kauf)

Großes Vergnügen: Der Dia-Vortrag von Katharina Seiser (www.esskultur.at) über die New Nordic Cuisine („Es scheint Common Sense zu sein, dass man Flechten frittiert und Pilzpulver drüber streut“). Katharina war im Noma, Kopenhagen, dem besten Restaurant der Welt („solche Wertungen und Listen sind immer mit Vorsicht zu genießen“) und in Fäviken, Nordschweden, in jenem Restaurant, das auf Platz 27 rangiert und gerade „up and coming“ ist. Sie hat Bilder und Erinnerungen mitgebracht; man könnte ihr stundenlang zuhören. Jemand, der seinen Vortrag mit den Worten beginnt „Ich heiße Katharina, war in meinem ganzen Leben noch nie auf Diät und werde es hoffentlich auch nie sein“, hat ja ohnedies bereits gewonnen! Nachsatz „Denn der hier [Blick auf den eigenen Allerwertesten – Anm.] gehört mir und geht niemanden was an.“ Hach, man möchte sie konstant abbussln!

Wer mich kennt, weiß, dass es genau eine Killer-Kombination gibt, bei der ich vor Ehrfurcht flach am Bauch liege: Expertise gepaart mit Leidenschaft.
Am Samstag in der Neutorgasse bewies Katharina Seiser, dass sie beides zum Saufüttern hat! Und als professionelle Kulinarik-Journalistin verfügt sie natürlich auch über das (Fach-)Vokabular, um ihre Leidenschaft in schöne Worte zu kleiden. So war’s wirklich ein Sinneserlebnis, ihr zuzuhören. („Das ist aber jetzt ein bissl gemein, was du da tust“ wirft mein Sitznachbar nach dem siebenten Vorspeisenfoto aus dem Noma ein… aber zum Glück gab’s danach gleich Nuss-Kipferln).

Die mit großem Aufwand von René Redzepi produzierte Spezial-Nachspeise aus dem besten Restaurant der Welt schmeckt – laut Miss Esskultur – übrigens wie Powidldatschgerln. Hat was, oder?

Was noch?
Genau! Ich weiß jetzt, was Sous-vide-Kochen ist (auf Deutsch: Vakuumgaren) und warum man das in der Profi-Gastronomie macht. Peter Putzer (von mundschenk.at) hat’s uns in einem Hands-On-Vortrag erklärt. Alles viel einfacher, praktischer und geruchloser, sagt er. Ich finde: Alles viel unsinnlicher. Aber man muss es ihm lassen – das ist wirklich Geek-Kochen par Excellence (yep, there’s an app for that!). Viel gestaunt und gelacht (nicht nur ich, siehe hier).

Es muss ja nicht gleich ein Bionic Turkey sein, Peter Putzer hat uns Wadschinken mitgebracht, vakuumgegart bei 55 Grad C., einmal 12 Stunden, einmal 24 Stunden und einmal 72 Stunden lang. Wir verkosten die Unterschiede. Tatsächlich, man merkt sie! [Seine Vorbereitungs-Schritte hat er hier notiert.]

Weil der Braten keine schöne Bräunung kriegt, wenn man ihn nur im Plastiksackerl im Wasserbad schwimmen lässt, muss ein Bunsenbrenner her („Ich bin mit dem nicht ganz zufrieden, ein Schweißgerät wäre besser“). Hat was von Science Busters. Ferner gibt’s Dank Sous-vide Methode pasteurisierte Eier – so wird Tiramisu für Schwangere möglich (I like!).

Am Ende gibt’s eine Weinverkostung von YouGrape, bei der ich wieder einmal meine persönliche Champagner-Resistenz bemerke: Ich find das alles im Notfall trinkbar, aber wirklich schmecken tut mir da gar nichts. Dafür – ha! – Goodie Bags für alle. Da war ein Spätzle-Sieb drin. Very cool! „Wir wollten etwas hinein tun, was kaum einer hat und was man sich vielleicht selber nicht kauft“, sagt Veranstalterin Dani.

Ok, Zeit für ein Outing: Es ist mein drittes. Ich gebe immer dem Sieb die Schuld dafür, dass meine Spätzle zusammen kleben und kauf dann lieber ein Neues, anstatt die Teig-durch-die-Löcher-streich-Technik zu perfektionieren. Aber dieses hier sieht richtig vertrauenserweckend aus. Diesmal wird es klappen, da bin ich ganz sicher! (Hüstel.) Ich halt euch auf dem Laufenden…

UPDATE:
Noch während ich das tippe, hat Lisa Stadler ihre bahnbrechende Foodporn-Studie online gestellt. Hat tip to her!

UPDATE 2:
Und Lisa Oberndorfer hat über die Diskussion zum Thema Gesunde Ernährung gebloggt. Die hab ich mir ja erspart. Ich reagier so allergisch auf Heilsversprechen und Doktrinen aller Art. Und nachdem ich eh brav zwei Bücher zum Thema geschrieben hab, hab ich mir selber die Erlaubnis erteilt, diesen Teil des Foodcamps zu stangln :) Hab statt dessen halt noch eine Foccacia beschnuppert…

Meine Bilder vom #foodvie gibt’s hier.

3 Responses to “Let’s talk about food, baby!”

  1. pepe sagt:

    Ja, ich geb’s ja zu, mit der ausgelutschten Gaskartusche war bräunungs- und geruchstechnisch nicht mehr viel zu holen. Aber mit einer heißen Pfanne (oder eben einer vollen Kartusche) ist das in der Praxis natürlich anders. Und das Fleisch vorher gut mit Gewürzen durchmassieren kann bzw. muß ich ja ohnedies auch bei der Sous-vide-Zubereitung. Bitte nicht den Demo-Cube mit einer Küche verwechseln!

    Bzgl. des Geek-Faktors hast Du aber natürlich völlig recht ;-)

  2. katha sagt:

    schön zusammengefangene eindrücke, merci! und mir hat’s auch großes vergnügen bereitet. obwohl ich mich an meinem schal fast derstessen habe ;-)

  3. Vielen Dank für die tolle Zusammenfassung der Veranstaltung. Wir haben das Foodcamp ja leider nur aus der Ferne „beobachten“ können. Vielleicht kommt das Foodcamp ja einmal etwas mehr Richtung Westen dann könntet Ihr vielleicht auch unsere kulinarischen Künste etwas bewundern.

    Liebe Grüße aus Naturns,
    das Team des Designhotel Lindenhof

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