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Trainingslieger

Countdown-Woche 20: 143 Lauf- und 1 Humpelbein – was ist das? Richtig! Nicole am Trainingswochenende des Österreichischen Frauenlaufs. [erscheint auch auf typischich.at]

Natürlich bin ich aufs Lauftrainingswochenende gefahren. War doch schon so lange gebucht, um nicht zu sagen: bezahlt. Wenn man mal (fast) seine Monatsmiete investiert hat, dann storniert man nicht, bloß weil das Sprunggelenk in der Trotzphase steckt. Dann trotzt man zurück – und steigt ins Auto. Basta. “Wenn ich schon nicht laufen kann, dann werd ich dort zwei Tage schlafen”, hab ich gedacht. Trainingslieger statt Trainingslager! Zuhause komm ich eh nicht dazu. (Dort übrigens auch nicht, aber… egal.)

Bereits das Kofferpacken war Erholung. Schließlich fahre ich sonst entweder mit Kindern oder mit dem Ja-Nein-Vielleicht-Man-weiß-nicht-so-recht-Lover weg. Im ersten Fall dauert das Einpacken zwei Tage: Eh nicht das Nintendo-Ladekabel vergessen? (Sonst: Dramen!) Die aktuelle Lieblingsbarbie? Die neunte Garnitur Kinderwäsche (für zwei Tage), nur für den Fall, dass wer ins Wasser fällt, zu spät aufs Klo läuft, im Restaurant Spaghetti isst oder das bisherige Lieblings-Outfit plötzlich “zu tussig, das zieh ich nicht an” findet…?

Im Fall Nummer 2 will man zumindest nicht die ausgeleiertsten Sweater mithaben, könnte ja sein, dass man nett essen geht… Und welche Schuhe? Außerdem steht man grübelnd vor der Dessous-Lade, beschließt, das ist alles Mist und überzieht sein Urlaubsbudget noch rasch mit extensivem Palmers-Shopping vor der Abfahrt. Örks.

Anders, wenn man auf ein Wochenende mit 72 Frauen fährt – allesamt Läuferinnen! Juchheissa. Schnell zwei Leiberln in den Koffer gepfeffert, eine Trainingshose – und geht scho! So schmeckt die Freiheit.

Mein kurzer Paranoia-Anfall (“Aber was, wenn das alle schicke Athletinnen in den neuesten Lauf-Must-Haves sind?”) vaporisiert bereits bei der Ankunft. Das hier ist kein Elite-Läuferinnen-Treff, sondern eine auf Anhieb sympathische, wunderbar durchmischte Runde von Frauen jeden Alters und jeder Statur. Große, kleine, knochige und rundliche, Alphatier-Business-Frauen und Pensionistinnen mit Enkerl-Foto in der Tasche. Viele von ihnen haben Vier-Bett-Zimmer gebucht, ein bissl ein Schulschikurs-Feeling. (Aber halt mit Bio-zertifizierter Hauben-Küche statt Schikurs-Fraß…)

Diversity meets unity. Weil alle die selbe Grundausstattung zum Laufen mitbringen, nämlich zwei Haxen und ein Hirn, sind die Triumphe und Niederlagen auch bei allen gleich. Bloß auf jeweils unterschiedlichem Niveau… Veranstalterin Ilse Dippmann etwa hat 29 Marathons hinter sich, das Schweinehund-Wrestling jeden Morgen kennt sie trotzdem: “Ich kann tausende Frauen motivieren, aber bei mir selber ist es oft schwer.”

Entsprechend vergeht das Wochenende mit dem Austausch von Lauf- und Lebensgeschichten. Man trainiert, sauniert, philosophiert. Techniken werden geübt, Theorie gebüffelt. “Carboloading vor dem Wettkampf heisst nicht, dass ihr eine zusätzliche Portion Pasta essen sollt!”, mahnt der vortragende Sportmediziner. “Oooooch….” – Hörbare Enttäuschung im Auditorium.

Merke: Kaum eine ist geborene Marathonistin oder Iron Woman, aber allen blitzt die Freude an der Bewegung aus den Augen. “Zu laufen begonnen habe ich mit 11 Monaten”, sagt Trainerin Susi, “Aber dann war erst mal 20 Jahre nichts.”

Ich schaue auf den Trotzphasen-Fuß. Da ist jetzt auch mal drei Monate nichts. (Will hier nicht zu Unfug animieren, deshalb verschweig ich euch die kleine Wanderung auf den Pöllauberg….) Aber drei Wochen davon sind schon um. Immerhin.


P.S. Das Frauenlauf-Trainingswochenende fand übrigens im Hotel Retter in der Steiermark statt. Pfoa, dort ist’s schön! (Wenn die Reise-Ressort-Leiterin nichts gegen Superlativ-gespickte Texte hat, schreib ich gern eine Hotelbewertung…)

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