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Wahlkampf im Netz

Was Obama kann, können wir schon lange. Oder etwa nicht? Die Polit-Insider Andrea Heigl und Philipp Hacker haben den rot-weiß-roten Wahlkampf 2.0 unter die Lupe genommen. [Erschienen im WIENER 351 / November 2010]

Die Demokratie ist bekanntlich die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen. Besonders deutlich wird das vor (und nach) jeder Wahl: Worthülsen schallen zunehmend inhaltsleerer durch den Äther, auf Plakaten wird kampfgelächelt bis zum Erbrechen und der Gemüseeinkauf am Marktstand verkommt zum Spießrutenlauf zwischen Bärli-verteilenden Bezirkskandidaten. Ja, das war schon immer so; spätestens als der erste Funktionär begriff, wie das Helium aus der Kartusche in den Ballon kommt. Aber Veränderung liegt in der Luft. Denn im Herbst 2010 heißen die Kampfzonen nicht mehr ausschließlich Brunnen- ,Yppen- oder Viktor-Adler-Markt. Sie heißen Facebook, Twitter und YouTube. Das Marktgebiet der Ideologien findet seine Erweiterung und Entsprechung im Social Web.

„Spätestens seit dem Wahlerfolg Barack Obamas in den USA hat sich auch in die verstaubtesten Winkel der europäischen Parteizentralen herumgesprochen, dass ohne das WWW schlicht nichts mehr geht“, heißt es deshalb in dem Buch „Politik 2.0“ von Andrea Heigl und Philipp Hacker. Doch nicht alles, was bei den Amis funktioniert, ist auch bei den Ösis von Erfolg gekrönt. Zu unterschiedlich sind die Mentalitäten und letztlich die politischen Strukturen. Hier gilt es, neue Konzepte zu finden. Und das passiert, schrittweise, stockend, aber durchaus mit der einen oder anderen Erfolgsstory made in Austria. „Dass die Parteien das Internet als echten Teil des Wahlkampfes betrachten, das gibt es noch gar nicht so lange“, attestiert Hacker im WIENER-Interview, „Das war erstmals bei der Bundespräsidentenwahl der Fall und natürlich auch jetzt bei der Wienwahl. Unserer Meinung nach wird der nächste Nationalratswahlkampf der erste in Österreich sein, bei dem wirklich in großem Rahmen mit den neuen Möglichkeiten umgegangen wird.“

Dem Fischer-Wahlkampf stellen die beiden Autoren ein gutes Zeugnis aus, schon allein deshalb, weil „HeiFi“ zwei grundlegende Web-Regeln beherzigt hat: Er war in seiner Webpräsenz authentisch und hat sich Leute an Bord geholt, die sich mit dem Medium auskennen. Man muss ja nicht alles selber machen. Twittern zum Beispiel. Das war nicht sein Ding, macht aber nichts: Der Zwitscher-Account der Präsidentschaftskanzlei hieß folgerichtig „BeiFi“ („Bei Fischer“) statt „HeiFi“. Man gab nie vor, jemand anderer zu sein. Das hat wunderbar funktioniert. Auch das Ziel, jüngere Wähler anzusprechen, die sich sonst wenig für den geruhsamen älteren Herren interessiert hätten, wurde klar erreicht. Na gut, halb Österreich lachte sich scheckig über das Packerl Mannerschnitten, das via YouTube am präsidialen Schreibtisch zu sehen war, aber so was bleibt eben hängen. Hacker: „Wir erinnern uns heute noch daran, wie Heinz Fischer seine Wiederkandidatur bekannt gegeben hat. Hätte er eine Pressekonferenz gemacht, wüsste es niemand mehr.“ HeiFi hatte somit nicht nur die Mannerschnitten-Retweets auf seiner Seite, sondern auch ein Medienecho, für das Konkurrent Gehring wohl drei Rosenkränze gebetet hätte.

Aber auch der Koalitionspartner punktet. Erinnern Sie sich an die Suche nach dem „Superpraktikanten“, der/die eine Woche an der Seite Josef Prölls verbringen durfte? Klar, für Bobos und Feuilleton-Leser eher ein Brechmittel, aber, so Heigl, „Man darf nicht vergessen, dass es für viele junge Menschen ein positiver Erstkontakt mit Politik war. Die Seite hatte enorm viele Zugriffe und wurde zum Selbstläufer.“ – Hacker: „Die ÖVP hat das aufgesetzt und dann ist es einfach passiert! Und mit ein bissl Bauchweh, aber doch, haben sie es auch passieren lassen.“ Das Ergebnis: Eine fast geschenkte Image-Kampagne für den Vizekanzler. Die Siegerin Reez Wollner (26) war ein absoluter Glückstreffer. „Die war so sympathisch und quirrlig“, sagt Hacker, „Wenn die nicht für jung, dynamisch und ein bissl ausgeflippt steht, dann tut es keine.“ Ein derartiges Image hätte Josef Pröll alleine nur schwer projizieren können. Mit Frau Wollner an seiner Seite, war es plötzlich leicht.

Solche Vorstöße der Parteien stellen dennoch die Ausnahme dar. Die meisten Online-Aktivitäten sind auf die Privatinitiative von www-affinen Politikern zurückzuführen. Es gibt noch keine Fraktion, die eine systematische, inner-parteiliche Guideline hätte, wie mit dem Thema Web umzugehen ist. Am Aktivsten bloggen derzeit die Grünen, die hier ihre ganze (teils auch konträre) Meinungsvielfalt ins Netz tragen. Ihrem basisdemokratischen Selbstverständnis entsprechend, wird das auch nicht auf Parteilinie glattgebügelt. Hacker: „Dieses leicht Chaotische, das man den Grünen offline oft vorwirft, gerade im Wienwahlkampf, das spiegelt sich auch online.“ Bloß sind sie hier nicht die einzigen mit diesem Problem: Politblogs, Facebook-Pages aller Couleur und auch Flickr-Accounts für die gesammelten „Erinnerungsfotos mit meinem Landeshauptmann“ begannen allesamt aus urwüchsig verstreuter Triebkraft zu keimen. Nun gilt es, sie zu bündeln und ihnen „nachträglich, ein Mäntelchen umzuhängen.“

Gleichermaßen hilfreich und hemmend wirkt sich dabei aus, dass in kaum einer Partei dezidierte Online-Profis am Werk sind. Die jeweils vorhandenen Kommunikationszentralen machen „das halt auch noch“. Und das ist nicht einmal das Schlechteste, denn so kommt es nicht zu widersprüchlicher Kommunikation on- und offline. Dass die linke Hand an der Mouse nicht weiß, was die flyer-verteilende rechte Hand tut, wird weitgehend vermieden. Hacker: „So wie die Kommunikationszentralen Presseaussendungen schreiben, schreiben sie allerdings dann auch Beiträge für die Homepage. Das merkt man.“ Es ist eben kaum etwas rasend kreativ, noch keine Partei hat das virtuelle Rad neu erfunden. Schon einmal, weil für den Webkampf auch nicht viel Budget locker gemacht wird. Dabei ist online, entgegen der vorherrschenden Meinung, nicht billig. Social Media Marketing bedeutet – im Idealfall – eine Verlagerung des Budgets von Marketing in Human Ressources. Und Arbeitskraft kostet. Heigel: „Die Verbreitung ist billig im Netz, aber man muss auch guten Content produzieren, wenn man will, dass er sich verbreitet.“ Klar ist es billiger, einen Spot auf YouTube zu stellen, als die entsprechenden Werbeminuten beim ORF zu buchen. Man sollte aber nicht unterschätzen, was es kostet, ein gutes virales Video zu drehen. Heigl: „Die einzige Partei, die jetzt im Wienwahlkampf massiv Geld für dieses Thema in die Hand genommen hat, ist die SPÖ.“ Mit dem „Redbook“ (www.redbook.at), das sich stark an mybarackobama.com anlehnt und mit „Team für Wien“ (www.mission2010.at). Hier können sich User vernetzen, die im Wahlkampf helfen wollen, etwa nach dem Muster: „Ich hab morgen am Nachmittag 10 Minuten Zeit und bin in der Innenstadt. Was kann ich für die SPÖ tun?“ – Antwort: „Beteilige dich an einer Verteilaktion, die in der Nähe deines Büros stattfindet“ Oder: „Rufe in der U-Bahn einen Freund an und erzähl ihm, wie super Michael Häupl ist.“

Einladung zum Fremdschämen? Vielleicht. Aber man muss neidlos anerkennen, dass „Team für Wien“ gut gemacht ist. Natürlich hat sich die Wiener SPÖ hier leichter getan, Geld auszugeben. Einfach weil sie’s hat. Denn Internet ist, auch das muss gesagt werden, ein additives Tool. Man erspart sich ja deshalb noch keine Plakate oder Flyer. Man hat Zusatzausgaben.

Und dann gibt es noch ihn. „Wir haben uns die Facebook-Seite von H.C. Strache sehr genau angeschaut, weil er der Politiker mit am Abstand den meisten Fans ist [59.631 – Anm.]“, sagen Hacker und Heigl, „Das schaffen Laura Rudas, Fritz Kaltenegger und Eva Glawischnig zusammen nicht.“ Dabei ist es ziemlich offensichtlich, dass Strache seine Seite nicht selber betreibt. Es ist schlicht eine Fanseite und nicht besonders persönlich. Auch Interaktion mit den Usern findet nicht statt, dafür Schmankerln wie „Gewinne einen Kinoabend mit H.C. und seinen Facebook-Freunden“. Hacker: „Das Phänomen Strache funktioniert online genauso wie offline: Er vermittelt den Leuten das Gefühl: Ich bin ein leiwander Kerl. Was er nicht vermittelt ist: Ich bin ein Politiker“. Heigl: „Da posten unglaublich viele Mädels, wie fesch der H.C. ist, aber Inhalte kommen nicht zur Sprache. Er könnte genauso gut Popstar oder Schauspieler sein.“

Wie sich Online-Aktivität von „Freunden“ oder Fans in Offline-Engagement übersetzen lässt, ist ein Problem, für das derzeit noch keine Partei eine nachhaltige Lösung gefunden hat. Ein Klick auf den „Gefällt mir“-Button ist noch lange kein Kreuzerl in der Wahlzelle. Was sich zeigt, ist, dass politische Aktivierung im Netz am besten themenspezifisch funktioniert, weil Menschen heute mit Parteien nicht mehr Lebens-, sondern Themenpartnerschaften eingehen. „Gerade was das anbelangt, kann man ganz viel vom amerikanischen Wahlkampf abschauen“ meinen Heigl und Hacker, wissen aber auch: „Aus Werner Faymann oder Josef Pröll wird in diesem Leben kein Barack Obama mehr.“

Nachsatz: „Das Internet gibt es – und mit ihm ein großes Demokratisierungspotential. Das werden die Parteien auch nicht mehr abdrehen können. Die spannende Frage ist: Werden sie da mithalten?“ Warten wir auf 2013…

[Seite 2: 10 Guidlines für Webwahlkämpfer]

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Die Revolution schreibt ihre eigene Geschichte: Ein Jahr nach dem „heißen Herbst“ kommt #unibrennt ins Kino. Nostalgie mit Sprengstoff. [geschrieben für den WIENER 352 / Dezember 2010]

Unabhängigkeit von einem fremdbestimmten Medienbild. Das war von Anfang an wichtig für eine Bewegung wie #unibrennt. Statt abzuwarten, ob „Heute“ wohlgesinnt (oder überhaupt) berichtete, schuf man lieber „Morgen“, die U-Bahnzeitung Marke Eigenbau, und drückte dem verwirrten Kleinbürgertum am Weg in den Duckmäuseralltag ein Stück Autonomie in die Hand. Statt auf abfallende Sendeminuten beim ORF zu hoffen, ging man selber „on air“. Und das 24-Stunden-nonstop mit dem inzwischen legendären Livestream.

Die Unis brannten ausgehend von Wien weltweit. So ein Lauffeuer hat keine Zeit, zu warten. Schon gar nicht auf die eingerosteten Mühlen eines etablierten Mediensystems. Die Revolution ward getwittert – und auch der WIENER stand damals ehrfurchtsvoll staunend vor dieser medialen Machtdemonstration 2.0. „Die selbstorganisierte Berichterstattung“, schrieben wir damals, „ist ein Stück aufgeklärter und aufklärender Informationsvermittlung zum Niederknien.“

Nur logisch, dass die Protestierenden auch die Bilder für die Nachwelt selbst gestalten wollten. Die „Arbeitsgruppe Dokumentation“ (AG Doku) wurde gegründet, prozessbegleitend. Von den ersten euphorischen Versammlungen über absolute Highlights, wie etwa den Vortrag Jean Zieglers im besetzten Audimax, bis zur zunehmenden Überforderung durch Obdachlose, durch Konflikte, durch die Nullreaktion der Politik. Bis zum Scheitern des sogenannten „Bildungsdialogs“, ein gestreckter Mittelfinger in Richtung Wilhelm von Humboldt.

Die Unis brannten – und die AG Doku hielt die Kamera drauf. Sie folgte der Flammenspur und nahm die Kamera mit nach Utrecht, nach Paris, nach London. Über 900 Stunden Filmmaterial sind so entstanden, schonungslos offen. Da wurde kein Wimmerl per Bildbearbeitung geschönt und kein Belichtungsregler nachjustiert. Da wird in vielen kleinen Geschichten Geschichte erzählt.

Die österreichische Produktionsfirma coop 99 hat das Material gesichtet, geschnitten und einen 90 Minuten Film produziert. Das ist nicht unproblematisch, denn Film und Basisdemokratie verträgt sich ebenso wenig wie Informationsfreiheit und Copyright. Einer muss das Sagen haben beim „Final Cut“, einer setzt die Verträge mit den Verleihfirmen auf. Dass es dennoch gelungen ist, zumindest in Ansätzen, die spezielle Form der basisdemokratischen Arbeit der #unibrennt Bewegung in einem Filmprozess weiterzuführen, ist coop99 hoch anzurechnen. Auf die Deutungshoheit eines Off-Kommentars wurde verzichtet, dem #unibennt-Motto „Eine/r von vielen“ folgend, werden bei Interviews mit den Studierenden keine Namen eingeblendet. Dass allerdings auch nie Daten oder Erklärungen der Grafiken eingeblendet werden, macht den Film für „Neueinsteiger“ schwierig. Auch dass die AG Doku ihr Material lizenzfrei zur Verfügung stellte, der coop99-Film seinerseits aber – das hat die Firma klargestellt – nicht lizenzfrei im Netz zu sehen sein wird, macht keinen schlanken Fuß.

Dennoch: Der Film zeigt klar, dass es um mehr geht als um Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen. Es ist ein Film über eine Gesellschaft auf dem Prüfstand, über eine Welt, die sich neu positionieren muss. Brandaktueller Sprengstoff.

Trailer:

#unibrennt – Bildungsprotest 2.0

  • Dokumentarfilm, 90 Minuten (A 2010)
  • Produktion: Antonin Svoboda / coop99
  • Regie: AG Doku und Valentin Renoldner
  • Basierend auf 900 Minuten Filmmaterial der AG Doku
  • Kinos und Beginnzeiten: HIER

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Die letzten Wochen, das war für alle in meinem on- und offline-Umfeld kaum zu übersehen, hab ich endlich meine zweite Bakk-Arbeit zu Papier (respektive „zu Festplatte“) gebracht. Thema war das Verhältnis von Genre und Gender in der Fernsehserie Buffy the Vampire Slayer. Ja, ich bin bei weitem nicht die erste, die sich mit BtVS diesbezüglich auseinandersetzt, aber ich hege zumindest die stille Hoffnung, dass in der Arbeit für manche LeserInnen was Neues drin ist. Wie dem auch sei: Das Material war schier endlos, eine Auswahl musste getroffen werden und eine Auswahl ist zwangsläufig subjektiv.

Nun bin ich da kein Purist, im Gegenteil. Ich bin eine von denen, die Subjektivität in der Wissenschaft gut findet, ja nachgerade einfordert. [Was auch immer als Wissenschaft gelten mag innerhalb eines Bachelor-Studiums. Das sei jetzt einmal dahingestellt.] Aber Subjektivität gehört thematisiert und reflektiert. Als mir also im Laufe der Arbeit dämmerte, dass meine Materialauswahl eine ziemlich persönliche Note hat, war mir klar, dass ich der Arbeit zumindest eine kurze Prozessreflexion anhängen sollte.

Tja.

Samstag, weit nach Mitternacht, bin ich mit dem Hauptteil fertig geworden. „Na gut“, dachte ich, „Die Prozessreflexion ist jetzt auch noch drin. Und dann in Ruhe ausschlafen.“

Aber dabei ist halt – Uhrzeit, Erschöpfung, Durchlässigkeit – eine andere Art von Prozessreflexion herausgekommen als gedacht…
Nach Rücksprache mit (und sehr liebem Feedback von) anderen PuKW’lern hab ich letztlich davon Abstand genommen, den Text mit der Arbeit abzugeben. Die Arbeit beinhaltet aber einen Link genau hierher.

Das (=nächste Seite) war das Original, das ich hiermit zur Diskussion stelle:

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Fellow Girl Geeks and Geek Girls! ;)

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Leslie Sobon einen eher unlustigen und weltanschaulich eigentümlichen Blogpost verfasst zum Thema „Get a Geek in Five Easy Lessons“. Ich wollte damals eine Replique verfassen, weil das kann’s ja nicht sein, dass man sich einen Mann angelt, damit man wen hat, der bei Bedarf den Fernseher anschließen kann (sic!).
Und es kann ja auch nicht gerade die beste aller Dating-Strategien sein, so zu tun, als ob einen uninteressante Themen interessieren und zu allem still lächelnd zu nicken: „Ask questions. You don’t really have to understand what these questions mean, but throw them into the conversation and then act interested when he answers.“ – Srsly?

Aber das wäre nicht die Abnutzung der Tastatur wert gewesen. Und es haben sich schon Berufenere einer passenen Antwort angenommen. Frau Sobon hat ihr Original-Posting inzwischen relativiert und herausgestrichen, wie humorig sie das doch alles gemeint hat. Blabla.

Unter’m Strich bleibt jedoch:  Statt einer Antwort auf einen Text, der sich ohnedies selbst ins Out kickt, würd ich gerne für die nächste (oder notfalls übernächste?) WIENER-Kolumne das weibliche Gegenstück verfassen. Weil wir wissen, dass Geeks nicht nur männlich sind.

Arbeitsmotto: Why Girl Geeks and She-Nerds are worth it – and how to get one…

Nö, es muss/soll kein seriöser Dating-Ratgeber werden. Aber wie der CR gerade in seinem Ed geschrieben hat: „Humor können wir auch.“ Und wenn ich mir Leslie Sobon anschaue, dann behaupte ich mal: Nicht bloß „auch“, sondern besser.

@Inesmaedchen hat unlängst getwittert: „In Männer mit Darth Vader-Schlüsselanhängern verliebe ich mich grundsätzlich leichter.“
Kann ich wholeheartedly unterschreiben.
Was braucht’s noch?
Ich sammle hier mal… Auf die Plätze – fertig – comment!

P.S. Und ich bin jetzt ein paar Tage nur sporadisch online (= guter Vorsatz), weil Lern-Klausur.

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Für den kommenden WIENER habe ich einen Beitrag über das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA verfasst. Aber die Vorlaufszeit eines Monatsmagazin vermag mit tagespolitischem Geschehen eben nur in den seltensten Fällen Schritt zu halten. Diesmal hat die EU-Kommission schneller gehandelt als erwartet und wir haben den Text, da in der Form nicht mehr aktuell, aus dem Heft genommen. Ich will aber nicht gänzlich umsonst geschwitzt haben ;)
Deshalb stell ich ihn jetzt einfach online – für den Fall, dass es doch noch jemanden interessiert. In der neuen Version des ACTA-Dokuments wurde Manches entschärft. Problemlos ist er dennoch nicht…

STOPPT DIE KRAKE

Seit 30. Oktober 1918 ist „jede Zensur“ in Österreich per Gesetz „als dem Grundrecht der Staatsbürger widersprechend als rechtsungültig aufgehoben“. Nicht mehr lange.

Lesen Sie nicht weiter. Dann können Sie später getrost behaupten, sie hätten von nichts gewusst und müssen sich nicht vor ihren Kindern rechtfertigen. Dann nämlich, wenn die unangenehmen Fragen kommen: Was hast du getan, als sie das Postgeheimnis abgeschafft haben? Hast du dich gewehrt, als das Zensurgesetz ausgehebelt wurde?

Noch bis Ende dieses Jahres soll das von 38 Staaten ausgehandelte Anti-Counterfeiting Trade Agreement (kurz: ACTA) beschlossen und der Vertrag so rasch wie möglich ratifiziert werden. Dass die über Jahre gehenden Verhandlungen hinter geschlossenen Türen geführt und Informationen über den Vertrag nur durch Leaks bzw. durch massiven Druck der Öffentlichkeit preisgegeben wurden, mag ein bisschen etwas über das Demokratieempfinden der Verhandlungspartner aussagen, wundert aber nicht weiter, wenn man sich anschaut, in welchem Interesse hier agiert wird. „Anti-Counterfeiting“ – das trägt den Begriff „Fälschung“ im Namen. Und tatsächlich handelt es sich um eine Regelung, die illegale Produktkopien stoppen und Leistungsschutzrechte (Copyright) stärken soll. Da kann man nichts dagegen haben. Künstler sollen für ihre Werke angemessen entlohnt werden, das würde selbst der eingefleischteste Webpirat unterstützen.

Etwas diffiziler wird die Sache allerdings, wenn man sich die Mittel zum per se hehren Zweck ansieht. Und die Nutznießer gleich dazu. Letztere sind nicht die Künstler (Autoren, Filmemacher, Musiker etc), von denen sich viele bereits gegen ACTA organisiert haben, da sie eine massive Einschränkung künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten befürchten. Nein, es sind „Mittelsmänner“, allen voran die Interessensverbände der amerikanischen Musik- und Filmindustrie. ACTA ist, wenn man so will, die Lösung ihrer Probleme: Eine Chance, Geschäftsmodelle des analogen Zeitalters aus ihrer Obsoleszenz zu befreien und ins digitale Zeitalter herüberzuretten. ACTA – das ist schlicht das Ergebnis von geschicktem Lobbying der Unterhaltungskonzerne gegenüber ihren jeweiligen Regierungen. Mit einem Ergebnis, das uns alle betrifft, via EU auch Österreich.

Nun ist das Lied von der bösen „Content Mafia“ und den armen, geknechteten Künstlern ein oft gesungenes. Wer nicht selber Musik macht oder ab und zu dem Filesharing frönt, kann das ewige Hickhack vermutlich nicht mehr hören und hat schon gar nicht das Bedürfnis, sich da sonderlich zu engagieren. Otto Normalverbraucher bekommt Copyright-Reglementierungen maximal auf YouTube zu spüren: „Dieses Video enthält Material von Sony und ist in ihrem Land nicht verfügbar.“

ACTA geht aber weiter. Es regelt das Copyright für jede Art von Information: Sie wollen ein Kochrezept an ihre Freunde verschicken? Einen interessanten Zeitungsartikel? Besser nicht, denn darauf drohen Strafen bis zu sechsstelligen Summen. Verstoßen Sie zu oft dagegen, wird Ihre Internetverbindung gekappt („Three Strikes“).

Natürlich ist nicht-kommerzieller Informationsaustausch zwischen Freunden nicht dasselbe wie kommerzielle Produktpiraterie. Aber ACTA differenziert hier nicht: Jede Art von „Sharing“-Aktivität wird in einen Topf geworfen und kriminalisiert. Somit wird auch jeder Zugriff auf Wissen und Kultur, so wichtig er für Innovation und Meinungsfreiheit auch sein mag, zum strafbaren Akt. Ein schlechter Witz, eine George-Orwell-Persiflage möchte man meinen. Niemand, der auch nur einen Schimmer davon hat, was das Web „as we know it“ ausmacht, würde so ein Abkommen unterzeichnen. Aber 38 Staaten tun es.

Wie jedoch überprüfen, ob Inhalte geteilt werden? Mittels Kontrolle. Ihr Provider wird künftig die volle Verantwortung dafür tragen, welche Datenpakete über seine Leitungen laufen. Um sich nicht selber strafbar zu machen, verpflichtet er sich, ihre Emails sowie all ihre Netzaktivitäten zu observieren und bei Verdacht zu melden. Er darf Sie nicht bloß überwachen, er muss es.

Ach und heben Sie sich besser alle iTunes-Rechnungen auf, denn auch der Zoll darf künftig schauen, was sie so auf ihrem Handy und MP3-Player haben… Wieviel Top-Down-Kontrolle verträgt eine moderne Wissensgesellschaft?

Privatsphäre? Grundrechte? Nicht mehr nach der Ratifizierung.
Haben Sie doch bis hierher gelesen, dann tun Sie etwas. Dieser Text trägt kein Copyright. Teilen Sie ihn.


DIE FAKTEN

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA), vereinfacht „Antipiraterieabkommen“, ist ein geplantes Handelsabkommen auf völkerrechtlicher Ebene, das dem Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen dienen soll. Federführende Staaten sind die USA, Japan, Großbritannien und Frankreich. Bis Ende 2010 soll das internationale Vertragswerk unterzeichnet und in Kraft gesetzt werden. Daten- und Konsumentenschützer fürchten weltweit einen massiven Eingriff in Privatsphäre und Grundrechte. Weiterlesen? Hier.

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