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50 Shades Of Uff

Anfang Juli erscheint die Erotik-Trilogie von E.L. James auf Deutsch. Muss man sie dann gelesen haben? [23.6.2012, kurier.at, erschienen als Kommentar hierzu]

Also gut, ich bin eine jener Middle-Aged-Mütter, die “50 Shades Of Grey” gelesen haben. Den (frei nach Blick) “Sado-Maso-Knüller für die moderne Hausfrau”; den “Mommy Porn” der Stunde (New York Times). Beruflich war’s! Klar, irgendeine Ausrede hat jede.

Wobei: Ein Grund ist keine Erklärung. Beruflich hätte einmal reinblättern gereicht. Hab ich aber nicht. Hab alle drei Bände studiert, rund 1600 Seiten. Warum um alles in der Welt hab ich das getan? War’s denn so (yep, pun intended) fesselnd?

Kurz: NEIN.
Tatsächlich ging’s mir nach der ersten halben Seite(!) schon auf die Nerven. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Autorin ständig Sätze aus einem Kapitel gecopy-pastet und in das nächste eingefügt hat. Ernsthaft. Übrigens auch in den viel diskutierten Sex-Szenen – also “schamlos” war das Buch schon, aber eher im Sinne von schamlose Selbst-Zitate, um mehr Seiten zu füllen… Ein Amazon-Rezensent hat sich mal die Mühe gemacht alle “Ich biss mir auf die Unterlippe”-Sager zu zählen. Das Ergebnis war schwindelerregend.

Warum hab ich nicht aufgehört?
Ich wollte wissen, wie’s ausgeht! Ja genau. Ich bin die, die sich Pornos (auch) wegen der Handlung anschaut. Sie meinen, ich hätte das googeln können? Schneck’n. Ich hab’s versucht! Aber als ich’s vor ein paar Monaten gelesen hab, war Band 1 zwar New Yorker Stadtgespräch, Band 3 jedoch druckfrisch. Und ich hab keine Rezension gefunden, die mir verraten hätte, welches Geheimnis Christian Greys dunkle Vergangenheit birgt, wer den Helikopter sabotiert hat und ob sie jetzt zusammen kommen. Als Paar, meine ich. Sonst gelingt ihnen das ja immer auf mirakulöse Weise.

Ich gehe davon aus, all diese dramatischen (naja) Wendungen (naja) der Handlung (ganz besonders: naja) finden sich inzwischen in den endlosen Webweiten. Falls nicht: Ich steck’s Ihnen gern bei Gelegenheit, dann ersparen Sie sich 1600 Seiten trivialen Schwampf.

Aber Schwampf-Bashing ist immer leicht. Hier deshalb das Gegenteil: Ein paar Gründe, die für “50 Shades of Grey” sprechen.

(1) Die entwaffnende Bescheidenheit von E.L. James, die den Text einfach nur als Hobby, als Midlife-Crisis-Therapie und aus Liebe zu “Twilight” geschrieben hat. Jetzt sitzt sie mit einem Bestseller und einem Millionen-Filmdeal da und weiß nicht recht, wie ihr geschieht. “Ich bin ja keine so tolle Autorin” sagt sie in Interviews. Das, beste Leser, nenn ich cool. Das allein ist schon eine Drehbuch-würdige “Von Sekretärin zu Millionärin”-Story – und ich gönne es ihr von Herzen!

(2) “50 Shades” ist ein Safe-Sex-Porno. Verhütungsmittel sind durchgehend ein Thema, auch zwischen den Protagonisten. Schmutzige Fantasien ausleben? Ja, schon. Aber nur, wenn das mit der Empfängnisverhütung vorab geklärt ist und verwendete Toys ordnungsgemäß gereinigt werden. Liest sich dann vielleicht spröder, gibt aber massig Karmapunkte für E.L. James!

(3) “Schreiben ist wie Küssen, nur ohne Lippen” heißt es in “Gut gegen Nordwind”. So auch hier: Der portraitierte Mailwechsel zwischen Ana und Christian flutscht. Klar, Glattauer ist das nicht. Aber, wenn 50 Shades wo prickelt, dann am meisten hier.

(4) Und dann war da noch diese eine Szene im dritten Band, die mir wirklich gut gefallen hat. Verrate Ihnen aber nicht, welche….

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