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Miss Netzleben hat ein gebrochenes Herz. Aber wohin damit in ihrer digitalen Welt? Ein Problem aus der Beziehungkiste 2.0 [Erschienen im WIENER 346 / Juni 2010]

„Einem Autobus und einem Mann rennt man nicht nach“, hat die Oma gesagt. Und in puncto Autobus halt ich mich da dran. An denen hat sich ja nichts Grundsätzliches verändert seit Omas Zeiten. Richtig, an den Männern auch nicht. Aber während die Straßen, die so ein Autobus befährt nach wie vor die altbekannten Schlaglöcher aufweisen, sind die Gefahrenquellen am Datenhighway ständig im Fluss. Die Männer mögen die gleichen sein – aber die Kommunikationswege zu ihnen… OMG! Jede neue Informationstechnologie, so heißt es, bringt neue Kulturen des Gebrauchs mit sich. Was sie nicht mit sich bringt, ist eine Gebrauchsanleitung. Ich weiß, wovon ich rede…

Bin ja auch nicht mehr die jüngste. Ich habe Liebeskummer in Zeiten des Vierteltelefons erlebt. Als man sich der Illusion hingeben konnte, er hat eh angerufen, ist bloß nicht durchgekommen, weil die blöden Nachbarn immer so lang in der Leitung hängen.
Dann kam Liebeskummer in Zeiten des zwar ganzen, aber AB-losen Anschlusses als die Affirmation lautete „Er hat eh angerufen, aber vermutlich war ich da grad Milch holen.“ Und keine Gerätschaft, die das Gegenteil hätte belegen können.

In der Tat trat der erste Anrufbeantworter ein paar Jahre später den Beweis an: Er hatte angerufen. Was nun? Zurückrufen? Gleich – später – nie? Neue Technologien werfen eben stets neue Fragen auf. Die 90er Jahre brachten den ersten Liebeskummer per Mail. Kann mich erinnern, als mein Mailbox-Provider ausgerechnet über die Weihnachtsfeiertage w.o. gegeben hat und wir (der Liebeskummer, mein Sidekick und ich) mit Brechstange und Bonbonniere nach Meidling gefahren sind, zu den feiertäglichen verschlossenen Headquarters des mistigen Providers. Ich erspar Ihnen die Details.

E-Mails sind Amors elektronische Munition, in halluzinogenes Suchtgift getränkte Pfeilspitzen. Warum wurde „Gut gegen Nordwind“ der österreichische Bestseller der letzten Jahre? Weil wir es alle schon erlebt haben. Ich auch wieder mal. Gerade eben.

Und wohin jetzt mit den Scherben? Ich habe ein iPhone. Mir entgeht kein Anruf, keine Mail, kein Tweet und kein Status-Update auf Facebook. Ich kann nicht mehr Milch holen gehen und mich in hoffnungsschwangerer Illusion wiegen. Wenn er sich nicht meldet, dann weiß ich, woran es liegt: Nämlich daran, dass er sich nicht meldet. Punktum.

Ich bin Web 2.0 sozialisiert. Ich habe gelernt, dass Authentizität und Echtzeit-Kommunikation die Währung meiner Community sind. Ich habe miterlebt welch ein engmaschiges Feuerwehrnetz Twitter sein kann, wenn es einem von uns mal richtig dreckig geht. Habe schon selber mitternächtliche Taxifahrten mitorganisiert, um einem per Tweet angedeuteten Suizid zuvorzukommen. Das Web ist voller Menschen. Und wo Menschen sind, wohnt Drama. „Keine Angst“, singt Hansi Lang in meinem iPod. Ich habe keine Angst. Ich bin mit all meinem Drama eine Gleiche unter Gleichen. Lasst es mich in eine Webcam schreien.

Oder auch nicht. Denn: Meine Eltern, mein Ex, meine halbe Schulklasse, meine Arbeitskolleginnen sind auf Facebook. Das sind keine Authentizitäts-geeichten Poweruser. Das sind Farmville-spielende Lurker! Kein sicherer Hafen für mein Herz. Und er liest meine Tweets. Das hätte die Oma gar nicht gut gefunden, wenn ich ihm nicht nur nachrenne, sondern auch noch mitlesen lasse, wie’s mir dabei geht.

Was tun? Sinnlos, so viele graue Zellen auf dem Altar dieser Frage zu opfern. Ich war immer ein Mensch der Sehnsucht, nicht der Taktik. Ich ruf ihn jetzt an. „Oldschool“, wie wir Community-Nerds sagen würden…

„Einem Autobus und einem Mann rennt man nicht nach“, hat die Oma gesagt. Und in puncto Autobus halt ich mich da dran. An denen hat sich ja nichts Grundsätzliches verändert seit Omas Zeiten. Richtig, an den Männern auch nicht. Aber während die Straßen, die so ein Autobus befährt nach wie vor die altbekannten Schlaglöcher aufweisen, sind die Gefahrenquellen am Datenhighway ständig im Fluss. Die Männer mögen die gleichen sein – aber die Kommunikationswege zu ihnen… OMG!

Jede neue Informationstechnologie, so heißt es, bringt neue Kulturen des Gebrauchs mit sich. Was sie nicht mit sich bringt, ist eine Gebrauchsanleitung. Ich weiß, wovon ich rede…

Bin ja auch nicht mehr die jüngste. Ich habe Liebeskummer in Zeiten des Vierteltelefons erlebt. Als man sich der Illusion hingeben konnte, er hat eh angerufen, ist bloß nicht durchgekommen, weil die blöden Nachbarn immer so lang in der Leitung hängen.

Dann kam Liebeskummer in Zeiten des zwar ganzen, aber AB-losen Anschlusses als die Affirmation lautete „Er hat eh angerufen, aber vermutlich war ich da grad Milch holen.“ Und keine Gerätschaft, die das Gegenteil hätte belegen können.

In der Tat trat der erste Anrufbeantworter ein paar Jahre später den Beweis an: Er hatte angerufen. Was nun? Zurückrufen? Gleich – später – nie? Neue Technologien werfen eben stets neue Fragen auf.

Die 90er Jahre brachten den ersten Liebeskummer per Mail. Kann mich erinnern, als mein Mailbox-Provider ausgerechnet über die Weihnachtsfeiertage w.o. gegeben hat und wir (der Liebeskummer, mein Sidekick und ich) mit Brechstange und Bonbonniere nach Meidling gefahren sind, zu den feiertäglichen verschlossenen Headquarters des mistigen Providers. Ich erspar Ihnen die Details.

E-Mails sind Amors elektronische Munition, in halluzinogenes Suchtgift getränkte Pfeilspitzen. Warum wurde „Gut gegen Nordwind“ der österreichische Bestseller der letzten Jahre? Weil wir es alle schon erlebt haben. Ich auch wieder mal. Gerade eben.

Und wohin jetzt mit den Scherben? Ich habe ein iPhone. Mir entgeht kein Anruf, keine Mail, kein Tweet und kein Status-Update auf Facebook. Ich kann nicht mehr Milch holen gehen und mich in hoffnungsschwangerer Illusion wiegen. Wenn er sich nicht meldet, dann weiß ich, woran es liegt: Nämlich daran, dass er sich nicht meldet. Punktum.

Ich bin Web 2.0 sozialisiert. Ich habe gelernt, dass Authentizität und Echtzeit-Kommunikation die Währung meiner Community sind. Ich habe miterlebt welch ein engmaschiges Feuerwehrnetz Twitter sein kann, wenn es einem von uns mal richtig dreckig geht. Habe schon selber mitternächtliche Taxifahrten mitorganisiert, um einem per Tweet angedeuteten Suizid zuvorzukommen. Das Web ist voller Menschen. Und wo Menschen sind, wohnt Drama. „Keine Angst“, singt Hansi Lang in meinem iPod. Ich habe keine Angst. Ich bin mit all meinem Drama eine Gleiche unter Gleichen. Lasst es mich in eine Webcam schreien.

Oder auch nicht. Denn: Meine Eltern, mein Ex, meine halbe Schulklasse, meine Arbeitskolleginnen sind auf Facebook. Das sind keine Authentizitäts-geeichten Poweruser. Das sind Farmville-spielende Lurker[1]! Kein sicherer Hafen für mein Herz.

Und er liest meine Tweets. Das hätte die Oma gar nicht gut gefunden, wenn ich ihm nicht nur nachrenne, sondern auch noch mitlesen lasse, wie’s mir dabei geht.

Was tun? Sinnlos, so viele graue Zellen auf dem Altar dieser Frage zu opfern. Ich war immer ein Mensch der Sehnsucht, nicht der Taktik. Ich ruf ihn jetzt an. „Oldschool“, wie wir Community-Nerds sagen würden…


[1] schweigende Mitleser

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