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Liebe Fellow-Meerschweinchen!

Wort zum Freitag.
Morgen ist es also so weit. Abt Armin kommt ins Audimax (um 17h, nachzulesen auf der Terminliste der Protestierenden) Ich weiß, dass diese wundervolle Bewegung von Social Media getragen wurde. Und dass Herr Thurnher kein großer Freund von Social Media ist, wurde – gerade in letzter Zeit – auch oft genug erörtert.

Was liegt also näher, als die Debatte Meerschweinchen vs. MSM ins Audimax zu tragen? Ein Plenum voller Digital Natives, das einem Tote-Bäume-Afficionado gegenübersteht.

Jawohl. Sehr naheliegend.
Daher mein Zwischenruf aus tiefster Seele: BITTE NICHT!

Wie Luca in seinem Text über Ideologien bei #unibrennt ausführt:

Es geht nicht um links oder rechts, nicht um neoliberal, kommunistisch oder hinduistisch. Es geht auch nicht um Feminismus oder Sexismus. Es geht um die Bildung. Um mein Studium. Ich will nicht, dass solche Leute die Bewegung in eine Richtung ziehen, wo sie nicht hingehört. Selbst wenn ich in einigen Punkten mit ihnen übereinstimme ist es falsch, sich jetzt damit zu beschäftigen. Man sollte sich auf die Dinge konzentrieren, wegen denen die Besetzung entstanden ist.

Auch die Debatte Online/Offline (bzw. Blog/Journalismus) ist eine ideologische. Sie ist eine spannende. Und ich für meinen Teil will sie auch führen.

Aber (read my caps) NICHT MORGEN IM AUDIMAX.

Denn da geht’s um was Anderes
Nämlich um etwas, bei dem Armin Thurnher viel beitragen kann. Und auch gehört werden soll.
Lasst uns diese Chance nicht vergeben.

Mit einem herzlichen Quiek!
n.

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Die Genies von heute basteln im Keller an der Welt von morgen. Ein Lokalaugenschein im Metalab, wo die junge Innovationselite ihre Heimat gefunden hat. [Erschienen im WIENER 340]

Wenn der Geschirrspülerknopf abbricht, ist Schluss mit lustig. Im besten Fall heißt das, einen Ersatz bei der Firma bestellen (wird dann nach zwei Monaten überteuert geliefert), im schlechtesten Fall muss gleich ein neues Gerät her.

Oder man geht ins Metalab. In dem Souterrainlokal in der Wiener Rathausstraße sitzt praktisch alles, was Österreich an Innovationselite zu bieten hat: Hacker, Künstler, Maschinenbauer, Hardcore-Programmierer, Chemiker, Elektronikfreaks. Problemlösen ist hier Alltag. Und ein Geschirrspülerknopf stellt keine besondere Herausforderung dar: Kommt eben der RepRap zum Einsatz! Der „replicating rapid prototyper“ ist ein 3-D-Drucker, der Werkstücke aus Kunststoff druckt. Also einfach am Computer zeichnen und in Nullkommanix kann der fertiggedruckte Ersatzknopf mit nach Hause genommen werden – eine sehr beliebte Prozedur für all jene Dinge, die nur zu gerne verloren gehen: Blitzabdeckungen für Kameras beispielsweise. Oder diese kleinen, dünnen Stifte für PDAs…

Natürlich haben sie ihn selber gebaut, den RepRap. Im Metalab stehen derzeit zwei davon zur freien Verfügung. Gleich neben einem Lasercutter, der auch Spaceinvader-Bildchen in Toastbrot ritzen kann – sofern er nicht gerade wirklich für etwas gebraucht wird. Werkzeug und Wissen – das sind die Eckpfeiler des Metalabs. Beides gibt es hier im Überfluss und in unterschiedlicher Ausprägung. Nicht umsonst nennt man sich etwas sperrig „Verein zur Förderung der Erforschung und Bildung sozialer und technischer Innovationen“. „Wenn du eine Frage hast, dann ruf sie einfach in den Raum“, sagt Markus Hametner (a.k.a. Fin), Metalabber der ersten Stunde. „Du wirst mindestens zwei brauchbare Lösungsansätze bekommen – und da sich hier Menschen aus den verschiedensten technischen Disziplinen versammeln, können diese Lösungsansätze entsprechend vielseitig ausfallen.“

Wer an einem Projekt arbeitet, kommt in den Keller – weil er die Infrastruktur nützen will (von Bibliothek bis Fotolabor), weil er Partner sucht oder den interdisziplinären Input. Gemeinsam tüftelt es sich eben besser. Angst vor Ideenklau kennt man hier nicht. Wer im Metalab sesshaft wird, ist Mitte 20 und in einer Open Source Kultur groß geworden. Schnittstellen sind offen, Ideen dazu da, geteilt zu werden. Das Urheberrecht ist Spleen einer Generation, der man nicht angehört.

Knapp 200 Quadratmeter misst der Raum, der den Nährboden für Innovationen made in Austria bietet. Flair einer Studenten-WG: Keiner will fürs Putzen zuständig sein, aber alle sind sehr chillig drauf. Irgendwer hat „Schaas mit Quastln“ an die Wand geschrieben. „Du musst schneller löten“, ermahnt eine Tafel säumige Bastler. Ester Schneeweisz (a.k.a. Astera) kommt herein und nimmt sich erst mal einen Kaffee. Sie studiert Industrial Design an der Angewandten – tatsächlich, Frauen gibt es hier auch, sind aber nicht sehr viele…

Was das Metalab hervorgebracht hat, ist so unterschiedlich wie seine Mitglieder. Internet-Startups à la Soup (www.soup.io) oder das Essensbestellservice Mjam wurden hier ebenso erfunden wie eine Installation mit Laser-Graffiti im Museumsquartier. Man beschäftigt sich mit Software-Entwicklung, elektronischer Musik und allen möglichen fliegenden und blinkenden Gadgets. „Es sind auch schon ziemlich viele Roboter bei uns herumgelaufen“, erinnert sich Christian Benke (a.k.a. Benko). Nicht alle Projekte haben praktischen Nutzen. Aber eine alte Telefonzelle zu hacken und Internettelefonie-tauglich zu machen, das hat was. Kommerziell verwertbar? Nein. Aber lernen kann man daraus. Und Lernen, Ausprobieren, Dinge auf die Beine stellen – das ist der Stoff, aus dem Netzkultur gewebt wird. Es ist die Existenzgrundlage von Hackerspaces.

„Hacker“, so definiert Fin, „das sind Leute, die wissen wollen, wie Dinge funktionieren. Leute, die Dinge zerlegen; Dinge einfach einmal anders verwenden als sie ursprünglich gedacht waren.“ Den Raum dafür bieten weltweit angesiedelte Hackerspaces. Das Metalab ist nur einer davon, Teil eines internationalen Netzwerkes (www.hackerspaces.org) für jene, die nicht nur über Dinge reden, sondern sie auch physisch tun wollen. „Hacken statt slacken“, sagt Benko, „es ist uns schon wichtig, dass die Leute zum Arbeiten herkommen und das Ganze nicht als ihr verlängertes Wohnzimmer betrachten.“ Aber ab und zu Party ist erlaubt. Curry-Kochen und Cocktail-Mixen gehört zum Metalab-Alltag. Ein Wuzzler ist fixer Bestandteil der Ausstattung: Auch Genies brauchen Pause. Tut nämlich einfach gut, mit Gleichgesinnten abzuhängen, wenn die Welt draußen nicht rasend viel Verständnis für Geeks aufbringt. Dann geht’s eh wieder weiter mit Vorträgen, Workshops und Konzepten. Kosten: Null (maximal das Material). Wer zuhören will, ist willkommen.

Abseits der organisierten Veranstaltungen sind die Öffnungszeiten übrigens bedarfsabhängig. Fin: „Es gibt 40 Mitglieder mit Schlüsseln. Immer wenn einer von denen da ist, ist das Metalab offen.“

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Beziehungskrise

Ich hab eine Beziehungskrise.
Müsste ich mein Blog visualisieren, dann käme so eine Art Gollum heraus. Ein tageslichtscheues, besitzergreifendes Wesen, das in der Ecke hockt und mich beobachtet. Bereits diese Beobachtung hat Aufforderungscharakter. Mein Blog sieht, dass ich mir jetzt gemütlich ein Käsebrot hole. Es blickt vorwurfsvoll. Schreiben hättest du sollen, sagt es. Wozu hast du mich überhaupt, suggestivfragt es.

Verteidigen ist zwecklos.
Hat ja recht, mein Blog. Ich schreibe nie.
Aber ich seh auch nicht ein, wieso ich mich deshalb plötzlich in diesem Hamsterrad aus schlechtem Gewissen, Rechtfertigungen und Account-Löschimpulsen wiederfinde.

Ich habe, das muss ganz klar gesagt werden, mein Blog nicht gegründet, um zu bloggen. Ich weiß sehr wohl, wie blöd das jetzt klingt, aber so war’s nun einmal. Hätte ich das wollen, eine digitale Visitkarte, einen Nicole Show Case – dann hätte ich es z.B. selbst gehostet. Hübscher Domain Name. Noch hübscheres CSS.

Aber darum ging’s ja nie. Mir war nur einfach Twitter zu eng geworden. Ich wollte manchmal, nicht oft, aber doch, dem 140-Zeichen-Korsett entfliehen und 142 schreiben dürfen.

Das klappt bloß leider nicht. Ein Blog ist groß und mächtig. Auch wenn’s so klein und irrelevant daherkommt wie das Meinige. Es hat unstillbaren Contenthunger. Und den will und kann ich eigentlich gar nicht befriedigen.
Schreibe ich tatsächlich nur 142 Zeichen schaut das einfach, pardon, scheiße aus als Blogpost. Ich mein, wir sind ja hier nicht auf Tumblr.

Manchmal bin ich darob wirklich ein wenig ratlos. Nichts ist so schlimm wie Online-Leichen, heißt es immer. Besser kein Blog als ein Unbetreutes. Rufschädigend etc. pipapo.
Und mein Blog ist ganz dieser Meinung. „Mein Schatz, mein Schatz“, lüstert es aus seiner gebookmarkten Ecke.
Außerdem eifersüchtelt es: Ich weiß eh, dass dir das schicke, junge Posterous lieber ist. Oder diese Suppenschlampe. Mit der hast du keine Arbeit. Deshalb hängst du dort öfters ab.

Und ja, verdammt. Es hat recht. Soup füllt sich von selber. Posterous könnte ich von unterwegs jederzeit beschicken und auch einzelne Sätze schauen dort halbwegs was gleich.

Liebling, it was fun while it lasted. Ich glaube, wir müssen reden…

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Stream It!

Bloggen? Das war einmal. Selbst die Oberposter nehmen Abschied. Weil’s etwas Neues gibt. Alles fließt, alles wird eins: Videos und Musik, Texte und Fotos. Willkommen im Lifestream. [Erschienen im WIENER Ausgabe 339 / Oktober 2009]

Wahrscheinlich haben Sie gerade angefangen zu bloggen. Oder Sie spielen mit dem Gedanken, das demnächst einmal zu tun. Sagen ja alle, dass man’s braucht. Tja. Ich weiß jetzt nicht, wie ich Ihnen das schonend beibringen soll. Aber bloggen ist ja so was von out. Streaming is the new black. Top-Blogger Steve Rubel hat’s vorgemacht, hat sein A-List-Blog einfach zugesperrt und ist mit all seinen Gedankenfetzen in den Lifestream übersiedelt. Da standen die verwaisten Leser plötzlich vor dem abgerissenen Bloghaus und mussten sich erst einmal neu orientieren…

Ein Lifestream, Workstream, Activitystream – was ist das? Kurz: Ein Ort, an dem Inhalte verschiedener Quellen aggregiert werden. Meine Videos (youtube), Musik (blip.fm), Texte (blogger), Fotos (flickr), Vorlieben (digg, del.icio.us) und Social Web Aktivitäten (Twitter, Facebook) werden gesammelt und fließen in eine zentrale Seite. Das ist gleichermaßen assoziativ wie repräsentativ. Es gibt mir, wie ein Blog, die Möglichkeit meine Gedanken zu formulieren, und schafft gleichzeitig jenes G’spür für Ambiente, das Onlinekommunikation ausmacht. „Go with the Flow“ ist das Motto des sich stetig neu erfindenden Netzes. Nun, der Flow ist ein Stream.

Einmal ehrlich: Wer hat denn noch Zeit, sich hinzusetzen und an einem Blogpost zu feilen? Twitter ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil es das erkannt hat und von vornherein gar nicht mehr als 140 Zeichen pro (Micro-)Blogeintrag zulässt. Kommunikation wird mobiler. Kommunikation wird schneller. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich Blogs dieser Entwicklung anpassen würden. Mit 140 Zeichen kann ich keinen Gobelin weben. Aber einen Fleckerlteppich schon. Und dieser spiegelt mich online vermutlich authentischer wieder, als es der Gobelin je könnte. In diesem Sinne verteidigt auch Rubel seine Übersiedelung: DaVincis Noitzbücher, schreibt er, waren nicht die Mona Lisa. Vieles darin sind unfertige Skizzen, unzusammenhängende Worte. Wo einzelne Einträge wertlos scheinen, ergibt die Gesamtheit jedoch ein beachtliches Bild des Künstlers. Eines, das uns mehr erzählt als die stumme Frau im Louvre.

Heutige Blogtechnologien werden immer besser (WordPress bietet z.B. einige Lifestream-artige Plugins), die Konzepte dahinter basieren aber doch auf den Vorstellungen des Web 1.0. Auf Präsentieren, Darstellen, Dozieren. Konversation ist ein Bestandteil, jedoch nicht der zentrale. Sicher, Blogs waren revolutionär in ihrer Entstehungszeit. Sie haben den Weg geebnet für eine andere Art der Gesprächskultur. Aber die Revolution frisst bekanntlich ihre Kinder; die Gesprächskultur will nicht mehr Nebenaspekt sein. Tatsächlich ist das neue Lieblingsspielzeug Lifestream auch nicht viel anders, was Kommentareinbettung anbelangt. Es fühlt sich aber anders an – durch den Echtzeit-Effekt und die Einbindung in Social Media.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Blogs haben ihre Qualitäten. Würde die „Huffington Post“ auf Lifestream umstellen, ich würde es sehr bedauern. Und wer ein Firmenblog hat, sollte sich das auch gründlich überlegen. Was aber uns kleine oder größere Privatblogger anbelangt: Leute, Streamen kann was! Bastler mit eigener Domain können sich ihre Lifestreams selber zimmern und individuell gestalten, z.B. mittels Sweetcron (www.sweetcron.com). Geht aber auch einfacher. Mit Workstreamr, tumblr, ozimodo etc. stehen genug Alternativen zur Verfügung, gänzlich bastelfrei. Suchen Sie sich einfach irgendeine aus. Google hilft. Steve Rubel zum Beispiel verwendet Posterous. Das ist beliebt und hat das qick’n dirty-Prinzip perfektioniert. Aber der Schwerpunkt ist ein anderer, Webinhalte werden hier (noch?) nicht von überall importiert.

Ach ja: Wenn Sie heimische Start-Ups unterstützen wollen, nehmen Sie Soup (www.soup.io). Die haben ihren Firmensitz im 5. Bezirk in Wien und sind All-around-nice-guys. Zudem ist das Tool schwer in Ordnung. Anschauen, ausprobieren, Spaß haben.

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[Erschienen im WIENER Nr.340 / November 2009]

Stellen Sie sich vor, sie sitzen in der U-Bahn. Es ist Mitte Jänner, ringsum sind die Menschen in dicke Winterjacken gehüllt. Die Tür geht auf und ein neuer Passagier steigt ein. Auch er trägt eine Winterjacke, aber keine Hose. Darauf angesprochen, meint er nur: „Die hab ich heute morgen vergessen“. Stirnrunzelnd wenden Sie sich wieder ihrer U-Bahn-Zeitung zu. Da steigt ein weiterer Hosenloser ein. Ebenso in der nächsten Station. Mehr und mehr füllt sich der Wagon mit Boxershorts. Sie wollten schon immer wissen, wer diese getupften Scheußlichkeiten trägt? Hier ist der Beweis.

Was als kleiner Aktionismus im Jahre 2002 begann, ist in New York inzwischen zu einem jährlichen Ritual geworden: Der No Pants Subway Ride. Diesen Jänner waren es über 1200 Menschen, jeden Alters, jeden Geschlechts und jeder Hautfarbe, die unten (fast) ohne eine U-Bahnfahrt antraten. Fahrschein ja, Hose nein.

Organisierter Protest? Hosenknappheit als Zeichen der Wirtschaftskrise? Mitnichten. Hinter dieser und anderer Aktionen steckt die Performance Gruppe Improv Everywhere. Ihr Motto: We cause scenes!

„Was wir machen“, erklärt Gründer Charlie Todd, „ist ein bisschen wie versteckte Kamera. Aber bei uns gibt es keine Opfer. Wir wollen nur außergewöhnliche Situationen in einer per se nicht außergewöhnlichen Umgebung erzeugen. Wenn die Menschen dadurch kurz aus ihrem Alltagstrott aufsehen, verdutzt sind und unweigerlich lächeln müssen – dann haben wir gewonnen.“ Mission accomplished, heißt es dann im Improv-Everywhere-Jargon.

Ein weiterer Unterschied zu all den lähmenden Streichen mit versteckter Kamera ist, dass die fiktive Situation niemals gebrochen, die Absurdität nie aufgeklärt wird. Anwesende Passanten müssen sich schon selber einen Reim auf das machen, was ihnen da eben widerfahren ist. „Wir möchten den Zuschauern ein unvergessliches Erlebnis verschaffen“, sagt Todd, „Sie sollen nachher zu ihren Freunden gehen und sagen. Du wirst nicht glauben, was mir soeben passiert ist…!“

Um das zu erreichen, lässt sich Improv Everywhere (kurz: IE) einiges einfallen. In einer Buchhandlung organisierten sie eine Autorenlesung: Anton Tschechov signiert seinen „Kirschgarten“. Kaum jemand störte sich daran, dass der russische Dramatiker bereits 1904 verstarb.

Im Springbrunnen des Washington Square Parks ließ Todd 26 seiner „Agenten“ als New Yorker Synchron-Schwimmteam auftreten und für die Olympischen Sommerspiele trainieren: „Leider sind alle Schwimmbecken der Stadt heute besetzt, deshalb müssen wir hierher ausweichen.“ – „Aber gibt es nicht nur weibliche Synchronschwimmerinnen?“ – „Äh…“

Legendär auch die „Mission“ in einem Laden der Elektronik-Fachmarktkette Best Buy. Die Uniform der Angestellten besteht hier aus khakifarbener Hosen und königsblauem Hemd. Was lag also näher als ca. 80 „Undercover Agenten“ in ebendiesem Outfit ins Geschäft zu schleusen. Ein wahrer Verkäufer-Overkill – und in klassischer IE-Manier eine Szene des Chaos und der Verwirrung. Das wurde Best Buy dann doch zuviel und es kam – wie des öfteren bei Todds Missionen zu Hausverweis und Klagsdrohung. Stimmt, die Burschen und Mädels schrammen immer knapp an die Legalitätsgrenze. Wirklich passiert ist aber noch nie etwas.

Im Gegenteil: Durch die konsequente Entkopplung des Konzeptes „Lausbubenstreich“ von Demütigung und Blamage, haben Improv Everywhere inzwischen die Unterstützung einer weltweiten Fanbase auf ihrer Seite. Spätestens seit ihrem Stunt am New Yorker Hauptbahnhof. Wer heute „Grand Central“ googelt, stößt unweigerlich auf das Adjektiv „frozen“. Charlie Todd: „Dabei war die Mission eine unserer kleinsten und einfachsten. Mit dem Ausmaß der Reaktionen hat keiner von uns gerechnet.“ Am 24. Februar 2007 lässt Todd 207 „Agenten“ den Bahnhof infiltrieren und mitten in der Bewegung „einfrieren“ – für genau fünf regungslose Minuten, danach läuft alles wieder weiter als wäre nichts geschehen.

Todd stellt das Video auf YouTube – und der virale Dominoeffekt nimmt seinen Lauf. Bis zum heutigen Tag haben über 18 Millionen Menschen „Frozen Grand Central“ gesehen. Noch besser: Tausende haben es nachgemacht. In über 200 Städten trafen sie sich zum Einfrieren; von Peking bis Kuala Lumpur, von Bloomington bis Brünn, von Malmö bis Wien. Sogar die ewigen Krisenherde Beirut und Tel Aviv wurden von der universellen Faszination erfasst und hatten ihre „frozen moments“. Damit hat Todd so ziemlich alles erreicht, was er wollte: Dass die Menschen aus dem monotonen Trott ausbrechen, aufschauen und von der Welt Notiz nehmen. Mit einem Lächeln.

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