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Grumpy Old Men

Sudern für die Quote. Angstschüren als Verkaufsrezept. Und zwischendurch bestsellern wir uns kräftig einen ab. Kann bitte endlich wer die mürrischen alten Männer in Pension schicken? [Kolumne für den WIENER 358]

Ein bissl tun sie mir leid. Alte Grantscherm, überfordert durch das Tempo der Veränderung, durch das Aufbrechen tradierter Machtstrukturen. Wenn man über 35 ist und sich schon mal daran gewöhnt hat, wo am Globus oben und unten zu verorten ist, dann fällt das Umstellen schwer. Ein Sündenbock muss her, damit man’s besser aushält.

„Hmmm … blöd“, denkt Richard David Precht, „als linker Intellektueller darf man nicht auf Ausländer oder Andersgläubige dreschen.“ – „Right!“, sagt Nicholas Carr, „das kommt schlecht an bei der Zielgruppe. Da müssen wir uns schon was Schickeres einfallen lassen.“ – „Wie wär’s denn mit Algorythmenschreibern?“ schlägt Frank Schirrmacher vor. „Oder gleich Maschinen?“

Im Ludditen-Bunker macht sich zustimmendes Raunen breit. Man wollte sich zurückziehen, in elitärem Kreis mit einem guten Buch und einem schicken iPad den fatalen Wirrungen der Digitalisierung trotzen. Doch nun zeigt sich ein Hoffnungsschimmer: der fühlende Mensch gegen die drohende Maschinenherrschaft. Das hat Sex. Das ist der Stoff, aus dem Dystopien seit Anbeginn des Genres gewebt sind! Mit fast 100%-iger Erfolgsgarantie, wohlgemerkt, weil Angstmachen klappt immer.

Bernhard Heinzelmeier nickt andächtig. Wenn du’s nicht verstehen oder unterwerfen kannst, verteufle es einfach. Also ehrlich, so ein bisschen kulturpessimistischen Alarmismus hätte er alleine auch zustande gebracht, aber etwas derart Fetziges? Niemals! Neidig blickt der Österreicher auf seine Schuhspitzen; hat halt seine Gründe, warum nicht er FAZ-Herausgeber ist … Wurscht: Wo’s an eigenen Ideen fehlt, kann man immer noch ertragreich abkupfern!

Denn Ertrag – das ist das Viagra der alten Männer. Das Internet nimmt das Wissensmonopol? Ende der Knappheit und die ganze Scheiße? Na, das werden wir ja sehen! Wir machen einfach kräftig Kasse mit Horror. Wir adeln unsere B-Movie-Drehbücher durch Druckerschwärze und bestsellern uns einen ab.

Neu ist der Ansatz freilich nicht: Sokrates verteufelte die Schrift, weil sie das Gedächtnis schwächt; Malesherbes die Zeitung, weil sie Leser isoliert. Ist halt so, dass neue Medien stets von Lern- und Aushandlungsprozessen begleitet sind, die zwischen schmerzhaft und schmerzhaft dumm mäandern.

Oder, wie Douglas Adams anmerkt: Alles, was zum Zeitpunkt unserer Geburt in der Welt existiert, wird als normal empfunden. Alles, was zwischen unserer Geburt und unserem 35. Geburtstag erfunden wird, ist ungemein aufregend und kreativ. Alles, was danach kommt, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge und markiert das Ende der Zivilisation – zumindest zehn Jahre lang, bis wir uns daran gewöhnt haben und es langsam für okay halten.

Hey, Leute, die zehn Jahre sind längst um. Bitte geht doch in Pension.

DISCLAIMER: Die Erstfassung entstand anlässlich des „Wolfgang Lorenz Gedenkpreises“. Aufmerksamen #WoLo-Fans wird der Zusammenhang nicht entgegen – es war bloß seither nie Zeit zum Fertigschreiben. Hiermit nachgereicht. (nk)

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Tatsächlich. Da war noch was. Ich hatte es in meinen Notizen zum Thema „Co-Creation“, aber dann prompt vergessen. However: Weil’s so hübsch ist, hiermit nachgereicht.

Wolfgang Blau, Chefredakteur von ZEIT ONLINE, nützt etherpad (bzw. den Nachfolger, denn es heißt ja inzwischen nicht so), um Wischiwaschi-Fragen zu beantworten.

Alles begann, wie so oft, mit einem Tweet: „Mir wurden heute 5 Fragen zur Online-Branche gestellt, die eigentlich nicht beantwortbar sind. Bitte um Vorschläge: http://bit.ly/lIxyYR“ (19. Mai 2011)

Der Link führt zu typewithme, einem wunderbar praktischen Co-creation Tool aus jener Zeit als Google Docs noch nicht konnte, was es heute kann ;) Man kann sich dort anschauen, wie Blau gemeinsam mit diversen Usern an die Beantwortung der Fragen herangeht.

Vielen Dank für die Mithilfe. Die 5 Fragen sind alle sehr verallgemeinernd und deshalb kaum in angemessener Kürze beantwortbar. Absagen konnte ich aus politischen Gründen nicht, einfach mitspielen will ich aber auch nicht. Ich hoffe deshalb auf den einen oder anderen Geistesblitz von Euch/Ihnen. 1000 Dank.

Gleichzeitig findet in der Randspalte  (Chat Funktion) Blaus Echtzeit-Kommunikation mit den freiwilligen Helfern statt:

Marcel Gabor: möchten sie lieber ernste antworten oder originell witzige? beides wäre machbar ;)

Wolfgang Blau: lieber witzig. Ernsthaft beantworten kann man so verallgemeinernde Fragen eigentlich nicht.

Wo das fertige Interview dann erschienen ist (oder noch erscheint?), hab ich bislang nicht gefunden. Freu mich über Hinweise. Jedenfalls: Eine schöne Aktion von Herrn Blau und ein gutes Beispiel dafür, was LeserInnen-Beteiligung auf Augenhöhe sein kann.

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Für den VÖZ Digital Media Day (#voezdmd) galt es in 6 Minuten 40 Sekunden etwas über das Thema Co-Creation zu sagen. Die Vorgabe, dem japanischen Pecha Kucha System entlehnt: 20 Slides à 20 Sekunden. Und das multipliziert mit 20 Vortragenden. Ready, steady, go!

Ja, da kann man nicht rasend in die Tiefe gehen. Aber ein Überblick kann mal angedacht werden, so wie das etwa der Kollege Phillipp Nagele (mobile Monday Austria) sehr cool mit seinem „Best of Media Apps“-Vortrag gemacht hat (hier nachzulesen).

Wie versprochen, sind hier meine Slides – nur den lux.at Screenshot am Ende habe ich vorläufig ausgetauscht, solange kein dezidiertes  „ok“ der lux-Schöpfer vorliegt.
Bildrechte:  jeweilige Magazine / eigene Screenshots / orf / Visulalisierung CC-BY Jer Thorp

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Ein sehr berühmtes Cover: Die „Person of the Year“ des Time Magazines 2007. Das ist etwas, das seither oft mit „Generation C“ betitelt wurde: Dass Konsumenten nicht mehr passiv sind, sondern sich aktiv in Produktionsprozesse einbringen. Das „C“ in Generation C steht für vieles: für „connected“, „creative“, „collective“ – und letztlich auch für „Content“.

02

Die Generation C erschafft mehr Content, als professionelle Medienbetreiber das je könnten. In jeder Minute werden 20 Stunden Sendezeit auf YouTube hochgeladen.

Als Medienproduzent kann man das ablehnen – das wird aber an den Fakten nichts ändern. Man kann es nicht ernst nehmen, weil es Amateur-Content ist – damit verschenkt man aber enorme Ressourcen. Oder man kann es nutzen: Damit sind wir beim Thema Co-Creation.

03

Im Bereich Produkt & Service wird Co-Creation schon lange eingesetzt. Best Practice ist etwa die KLM, die bereits 2007 ihr Serviceangebot gemeinsam mit Kunden neu gestaltet hat und damit sehr erfolgreich war.

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Ein unglückliches Beispiel haben wir auch gerade alle miterlebt, geliefert von Henkel mit ihrem Design Wettbewerb zur Gestaltung von Pril-Flaschen.

Man sollte sich halt immer im Vorfeld überlegen, ob man auch tolerant und offen genug für Crowdsourcing ist – denn auf nachträgliche Zensur und Einschränkungen reagiert die Community eher verstimmt.

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Im Kontext von Medien geht es aber um eine andere Art von Co-Creation: Um die gemeinsame Aufbereitung von Information.  Früher hieß es: Das Geld liegt auf der Straße. Heute gilt das für Information. Noch nie gab es so viel Information,  noch nie war es so wichtig, dass sie gesichtet, bewertet und aufbereitet wird. Und noch nie gab es so viele Freiwillige, die dabei helfen wollten. (Weiter auf Seite 2)

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Meine Link- und Lesestoffsammlung zum Vortragsthema Co-Creation. Eine wilde Mischung: Die genannten Beispiele aus dem Pecha Kucha und weiterführende Lektüre.

Theorie:

Crowdsourcing:

Co-Creation in Media Production:

Digitale Urheberrechte für die „Generation C“:

Tweets: Recherche vs. Co-Creation

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Die Web Community „ShutterCal“ ist ein Paradies für Foto-Geeks und akribische Sammler. Und der Oma kann man Postkarten schicken. Ich hab Gründer Scott Harris für wiener-online interviewt.

Jeden Tag ein Foto. Das ist die Aufgabe, der sich Scott Harris verschrieben hat. Der junge 3D-Künstler und Web Developer aus Kalifornien hat mit Freunden die Online-Plattform Shuttercal gegründet, auf der User ihre Fotos in einen übersichtlichen Kalender hochladen – und bei Bedarf auch monatlich ausdrucken und zustellen lassen können.

Da braucht man keine aberwitzige Success-Story à la Facebook erwarten: Was 2007 als kleines Start-Up begann, ist heute immer noch ein kleines Start-Up. Aber ein verdamnt solides, das sich selbst erhält und allen Beteiligten nach wie vor riesen Spaß macht. Mehr braucht es eigentlich nicht, um jedem User sein persönliches Dokumentationsarchiv zu bieten. Leben zum Sammeln.

Ein Gespräch mit Mr. Harris a.k.a. „Default Artist“:

ShutterCal kurz zusammengefasst – um was geht’s da?

Scott: ShutterCal ist der Mount Everest unter den Foto-Projekten. Täglich ein Foto zu machen und das ein Jahr lang durchzuhalten, ist eine ungeheure Herausfordetung und verlangt Tatendrang und Hingabe. Es klingt einfach, aber es ist eine echte Leistung, die nicht jeder schafft – und wir gestaltem es so, dass die User Spaß daran haben.

Wie viele Leute arbeiten bei ShutterCal – und wieviele nutzen es?

ShutterCal ist ein kleines amerikanisches Unternehmen, das uns zu dritt gehört und auch zu dritt betrieben wird: ich, Kim Wong, und Dan Ferrante. Unsere Community besteht aktuell aus 13.500 Mitgliedern. Einige davon fangen jetzt auch an, beim Development mitzuhelfen.

Kannst Du ein paar Worte zu eurem Geschäftsmodell sagen?

Es ist uns nicht so wichtig, eine richtig große Website zu werden, wichtiger ist uns, eine richtig gute Website zu sein. Dieses Gefühl, eine kleine, aber engverschworene Community zu haben, ist toll. Wir geben Null Dollar für Marketing aus und die Seite ist gänzlich frei von Werbung. Wir sind ein komplett unabhängiges, sich selbst-erhaltendes Unternehmen. Das verdanken wir der Qualität unseres monatlichen Print-Services und der Unterstützung durch Mitgliedsbeiträge. Da gilt der Dank all unseren “ShutterCal’ern”.

Hast Du persönliche Favouriten? Was sind die besten Fotos, die dir untergekommen sind bei Deiner Arbeit für ShutterCal?

Es klingt jetzt komisch, wenn ich sage: meine eigenen. Aber dieses Projekt hat den Anfang geniommen als eine Idee von mir und meiner Freundin – um mehr Fotos zu machen und unser Leben zu dokumentieren. Jetzt, nach fünf Jahren, können wir beide durch die (Foto-)Kalender des anderen blättern und die Entwicklung unseres gemeinsamen Lebens anschauen – und die einzelnen Momente, die uns an jeweiligen Tag wert schien, festgehalten zu werden. Für mich sind unsere Kalender mein wertvollster weltlicher Besitz.

Abgesehen davon gibt es jede Menge großartiger Fotos auf ShutterCal. Ich sammle meine Favouriten hier in meiner “Fav Section”, damit alle User sie für sich entdecken können. @brooklynTheory ist sicher einer meiner absoluten Lieblingsfotografen – nicht nur auf ShutterCal, sondern überhaupt…

Abgesehen von Fotosammlungen, gibt es noch andere kreative Ideen, die Leute auf ShutterCal verwirklichen?

Viele. Spontan fällt mir Sarah Cate ein. Sie schreibt auf ihre Hände Botschaften an sich selbst. Sie verwendet das Medium Fotografie, um persönliche Rückschläge und Nöte zu meisten. Sie macht sich dadurch täglich neuen Mut. Es ist unglaublich.

Danke für das Gespräch.

P.S. Für wiener-online sammle ich übrigens Screenshots. Mit heutigem Datum bereits 274 Tage durchgehalten – and counting… #uff

[Wer das Interview in der Originalfassung lesen mag, findet es auf Seite 2.]

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