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Jana Herwig hat neulich ihre Meinung über die wahrlich strunzdumme Öffi-Kampagne der Jungen ÖVP Wien dargelegt und abschließend angemerkt

P.S. Evtl. mal nachschlagen, was ein Rant ist…

Das fand ich charmant. Und wenn ranting wieder in Mode ist, dann schließ ich mich an, denn mich fuchst diese Twitternobelpreis-Geschichte seit heute morgen…

Mark Pfeifle, ein (ehemaliger) Sicherheitsberater der (ehemaligen) US-Regierung hat also vorgeschlagen, dass Twitter für den Friedensnobelpreis nominiert werden soll.
Rechtmäßig kann er das nicht, aber, ok, man wird ja noch seine Meinung äußern dürfen. Und ja, diese Meinung darf auch mal verschroben und daneben sein (hier die komplette Transkription des Interviews).
Formulierungen wie

„If there’s anybody that should possibly get a Nobel Peace Prize…“ und Tweets, die postulieren, die Twittergründer Evan Williams und Biz Stone hätten’s definitiv mehr verdient als Arafat und Carter, zeigen ohnedies deutlich, wessen Geistes Kind Pfeifle ist.
Zumal er offensichtlich glaubt „Why not?“ wäre ein valides Argument in dieser Diskussion. (Hatte, ich schon erwähnt, für wen er gearbeitet… ? Indeed.)

Also, in Ordnung. Da sagt einer was. Und es ist doof. Und wenn man den Kontext recherchiert, braucht man’s eh nicht ernstnehmen. But it’s Twitter. Auf Twitter wird nun mal kein Kontext recherchiert. Ich hab’s von Günter Exel (@twitt_consult).


Der hat’s vom O’Reilly Verlag, dieser wiederum von SEO-united. Hat eine Meldung nur genug Neuigkeitswert oder – im Sinne Gladwells – einen entsprechenden „stickiness factor“, wird das schneller viral als unsereins „Stockholm“ sagen kann.

Soweit ich gesehen hab, gab’s im deutschsprachigen Raum wenig Meldungen zur Pfeifle-Aussage. Auf Englisch lässt sich inzwischen aber allerhand ergoogeln. Durchaus auch Befürworter:

If those two old frauds Mother Teresa and The Dalai Lama get peace awards for doing less for humanity than your average cab driver then Twitter deserves at least one for every voice that made it out of that horrid wilderness.

Oder:

If Al Gore deserves one for his bad science, then Twitter ought to get a whole bunch of them. At least they’re not trying to fool people.

(Beide übrigens von hier)

Ja, vielleicht lachen wir morgen alle über den „Twittensnobelpreis“ (© aigu), aber genauso gut, kann’s passieren, dass da ein Trendig Topic oder, what’s worse, eine ordentliche Epidemie draus wird.

Weil – hui – wir haben Twitter ja alle so lieb und wir freuen uns alle so, wenn was Webzweinulliges von etablierten Gremien ernst genommen wird. Und jetzt zeigen wir der Welt einmal, wer hier die partizipativen Hosen anhat!

Ähem.
Also da fänd ich’s dann schon wichtig zu sagen:

  • Twitter ist eine Infrastruktur. Sonst nichts. Hat der Buchdruck einen Friedensnobelpreis verliehen bekommen, bloß weil man Dank seiner Erfindung die Menschenrechtserklärung drucken kann?
  • Twitter wurde nicht in der Absicht entwickelt, die Welt zu retten.
  • @ev und @biz sind vermutlich all around nice guys, aber das einzige, was man ihnen in Sachen #iranelection wirklich zugute halten kann, ist die Verschiebung der Wartungsarbeiten (und selbst die ist nicht auf ihrem Mist gewachsen).
  • Es sind immer noch die Menschen, die Twitter zu dem machen, was es ist. Twitter entscheidet nicht darüber, wie es genutzt wird. Die meisten Nutzer sind ohnedies nur Lurker. Und die, die sich austauschen, tun dies löwenanteilsmäßig über ihre Essensvorlieben.
  • Ja, all jenen, die unter den widrigsten Umständen getweetet und die Welt zum Hinschauen gezwungen haben, gebührt Respekt. Die haben Zivilcourage bewiesen und sich für etwas eingesetzt. Twitter hat das nicht.
  • The medium is not the message.

Also ich für meinen Teil wäre echt dankbar, wenn dieser Topfen nicht unendlich weiter retweetet wird. Spielt ja doch nur den Twitterhassern in die Hände.

Danke.
< /rant>

2 Responses to “Twittensnobelpreis”

  1. digiom sagt:

    Ich bin mir nicht sicher, ob Rants in Mode sind, sie sind auf jeden Fall häufig ein angemessener Stil um sich mit Dingen auseinander zu setzen, die eigentlich zu dumm sind um wahr zu sein – Bemühen um Objektivität ist da gar nicht angebracht.
    Friedensnobelpreis für Twitter ist jedenfalls genauso dumm wie der Hype um den 15-jährigen, der prognostiziert hat, dass Twitter scheitern muss, weil 15jährige es nicht nutzen (verkürzt dargestellt).

    Da retweeten alle „15-jähriger führt Analysten vor“ während sich selbige Analysten die Hände reiben, dass sie mit der Praktikantenstory in aller Munde sind. Vorgeführt wurden die Medien und die, die’s retweeten.

    Schnurch…

  2. Günter Exel sagt:

    Nachdem nic_ko mir schon mal die Ehre macht, mich in Wort und Screenshot zu zitieren, möchte ich in 11 mal 140 mal Zeichen kurz Stellung nehmen:

    – Danke für die sicherlich wertvollen Überlegungen und Einwände, an denen – Stichwort Recherche – einiges dran ist!
    – Es ist gut, die mediale Entwicklung – Stichwort Bürgerjournalismus und Qualitätsjournalismus – zu hinterfragen
    – Als langjähriger Journalist ist es auch für mich ein spannender Prozess, die Chancen und Beschränkungen von Twitter zu erfahren
    – Twitter ist aber doch ein bisschen mehr als Infrastruktur … Twitter wird unseren Alltag nachhaltig beeinflussen und verändern, denn …
    – Twitter ist mehr als Kindergeburtstagseinladung und #klofail – es ist die verbindende Klammer der Entwicklung der letzten 15 Jahre
    – …die „die größte Demokratisierung der Menschheitsgeschichte brachten“ (nicht mein Zitat)
    – Twitter wird Medien, Marketing, Kommunikation in Richtung Dialog entwickeln und so unsere Kommunikationskanäle neu definieren
    – Die Menschen, die über ihre Essensvorlieben twittern, sind nicht die, die gehört werden wollen – es sind jene, die Anliegen haben …
    – … und die mit Twitter ein Instrument finden, mit dem sie sich austauschen, Gleichgesinnte finden, Entwicklungen initiieren..
    – Es sind die Menschen im Iran und sonstwo, denen ich den Friedensnobelpreis für ihr mutiges Eintreten gönne
    – Ein „Twittensnobelpreis“ wäre das stärkste Zeichen dafür – auch @ev und @biz würden das wohl so verstehen

    Vielen Dank jedenfalls für das Ernstnehmen und Nachrecherchieren – auch wenn man es für eine „Schnapsidee“ hält!

    Liebe Grüße,
    Günter Exel

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