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Können wir uns was ausmachen? Ihr streicht die Formulierung „keine Ausreden mehr“ und dann halt ich Euch nicht mehr für das, wofür ich Euch derzeit halte, ok? Deal?
Ich hab’s nämlich wirklich satt, immer wieder zu lesen „ab 20 (wahlweise: ab 30 / ab 40 / ab Sommerbeginn / im Winter /whatever) gibt es echt keine Ausreden mehr! Die Haut (wahlweise Haare / Nägel / whatever) muss regelmäßig gedingsbumst werden“
Können wir uns darauf einigen, dass Menschen, die ihre Haut ab 20 nicht regelmäßig dingsbumsen, dafür mit Sicherheit keine Ausreden suchen. Die brauchen sie nämlich nicht. Die haben meisten Gründe. Wetten? Weil sich vielleicht nicht jede/r das Super-Samt-Peeling von Shiseido leisten kann (besonders nicht mit 20. Hallo? Wo lebt ihr bitte?) Oder weil jemand vielleicht seine Hände lieber zum Diplomarbeit tippen nutzt, als ihnen eine Stunde eine Handmaske zu verpassen. Oder weil… Kinder. Berufstätigkeit. Ausgefülltes Sexleben. Weltrevolution. Drehbuch schreiben. Andere Prioritäten. (fill in blank!)
Gründe sind verdammt noch mal keine Ausreden. Sie sind zu akzeptieren, mehr noch zu respektieren und nicht als Ausreden vom Tisch zu wischen. Mich stört das wirklich, weil sich das böse A-Wort arrogant über die Lebenssituationen und Lebensentscheidungen anderer Menschen hinwegsetzt. Das ist ungefähr so intelligent wie „Wer dick ist, ist bloß faul.“ Oder „Wer nicht genug Geld für die Miete hat, soll mal seinen Arsch in die Höhe kriegen.“ Oder „Wer depressiv ist, soll sich zamreissen!“
Arroganz und Ignoranz sollten im Journalismus keinen Platz haben. Nicht einmal auf den Beauty-Seiten. Finde, es gibt ab sofort echt keine Ausreden mehr für die Verwendung dieser despektierlichen Formulierung!
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Nicole Kolisch ist Journalistin, 








