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Können wir uns was ausmachen? Ihr streicht die Formulierung „keine Ausreden mehr“ und dann halt ich Euch nicht mehr für das, wofür ich Euch derzeit halte, ok? Deal?

Ich hab’s nämlich wirklich satt, immer wieder zu lesen „ab 20 (wahlweise: ab 30 / ab 40 / ab Sommerbeginn / im Winter /whatever) gibt es echt keine Ausreden mehr! Die Haut (wahlweise Haare / Nägel / whatever) muss regelmäßig gedingsbumst werden

Können wir uns darauf einigen, dass Menschen, die ihre Haut ab 20 nicht regelmäßig dingsbumsen, dafür mit Sicherheit keine Ausreden suchen. Die brauchen sie nämlich nicht. Die haben meisten Gründe. Wetten? Weil sich vielleicht nicht jede/r das Super-Samt-Peeling von Shiseido leisten kann (besonders nicht mit 20. Hallo? Wo lebt ihr bitte?) Oder weil jemand vielleicht seine Hände lieber zum Diplomarbeit tippen nutzt, als ihnen eine Stunde eine Handmaske zu verpassen. Oder weil… Kinder. Berufstätigkeit. Ausgefülltes Sexleben. Weltrevolution. Drehbuch schreiben. Andere Prioritäten. (fill in blank!)

Gründe sind verdammt noch mal keine Ausreden. Sie sind zu akzeptieren, mehr noch zu respektieren und nicht als Ausreden vom Tisch zu wischen. Mich stört das wirklich, weil sich das böse A-Wort arrogant über die Lebenssituationen und Lebensentscheidungen anderer Menschen hinwegsetzt. Das ist ungefähr so intelligent wie „Wer dick ist, ist bloß faul.“ Oder „Wer nicht genug Geld für die Miete hat, soll mal seinen Arsch in die Höhe kriegen.“ Oder „Wer depressiv ist, soll sich zamreissen!“

Arroganz und Ignoranz sollten im Journalismus keinen Platz haben. Nicht einmal auf den Beauty-Seiten. Finde, es gibt ab sofort echt keine Ausreden mehr für die Verwendung dieser despektierlichen Formulierung!

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Ruhestörung

“Du kannst deinen Kindern deine Liebe geben, nicht aber deine Gedanken. Sie haben ihre eigenen.” – Khalil Gibran, Dichter (1883 – 1931)

Die Liebe meines Lebens liegt neben mir und schnarcht. Jeder andere wäre hochkant aus dem Bett geflogen. Da kenn ich nix. Ich bin Scharch-Phobikerin. Aber bei ihr ist das anders; ich schau sie an und denke: “Die ganze Nacht tät ich wach bleiben, um dir zuzuhören, du Flausch!” Schließlich hat sich Mozart durch dieses Schnarchen zur Sonate in B-Dur (KV 358) inspirieren lassen. Und während ich noch darüber nachdenke, ob das ein guter Plot für “Back to the Future 4” wäre, steckt sie mir ihre Zehe in die Nase. Bäh.
“Käsefuß” murmelt das Bauchgefühl, doch der Protest währt kein Sekundenhundertstel. Sofort springt die Oxytocin-Maschinerie an. Jetzt ist der Fuß süß; er riecht nach Vanille-Flausch.

Eh ich’s vergesse: Sie liegt natürlich auf meiner Seite des Bettes. Nein. Korrektur: Sie liegt auf beiden Seiten. Nämlich quer. “Gut so!”, denk ich beduselt vom Hormon-High, “Eine Frau, die keine Angst hat, sich gegen größere durchzusetzen!” Das wird sie brauchen. Spätestens morgen früh, wenn ich ihr sage, sie soll schneller machen, sie kommt zu spät zu ihrem ersten Schultag und geht’s nicht dieses eine Mal ohne Nutella am Leiberl? Nein, Lightning McQueen darf nicht mit. Nein, nicht die rosa Crocs anziehen! Jetzt stell dich nicht immer so an!

Und mit einem Mal bin ich sehr froh, dass sie mich am Schlafen hindert. Rar sind sie, die Flausch-Momente im Alltag. Rarer noch, wenn jetzt die Schule beginnt. Aber Kinder sind listig. Meins hat mir einen in der Nacht geschenkt.

[Herzfrequenz-Kolumne für die WIENERIN 276/ September 2012]

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Summer of ’87

Ein Film wird dann zum Kult, wenn er sich in die Biografie von Millionen einschreibt. Mit dem Jubilar „Dirty Dancing“ verbindet fast jeder seine eigene Geschichte. Das ist eine davon. [für kurier.at, 18.08.2012]

Also machte ich mir einen Knoten in die Blusenzipfel und stapfte mit C. in den Mambo-Kurs. Es war der Sommer 1987, da hatte jede Tanzschule einen im Angebot. Leicht hochnäsige, stocksteife Tanzlehrer, die ständig den Eindruck erweckten, als hätten sie sich ihr Leben ganz anders vorgestellt, mussten dort mindertalentierten 14jährigen das Gefühl vermitteln, sie wären bei Kellerman`s. Qualvoll. Für alle Beteiligten.

Für C. und mich war Tanzen Revolution. Immer schon gewesen. Wir waren Flashdance-sozialisiert und wußten, dass Tanzen der einzige Ausweg war, der uns vor der Endstation Fließbandarbeit retten konnte. Seit Fame wussten wir: die Straße gehört uns. Seit Footloose war klar, dass die Engstirnigkeit und Fesseln des Kleinbürgertums nur durch Tanz gesprengt werden konnten. Nicht zu vergessen: Milos Forman zeigte uns in Hair, wie man unterwegs auch noch Tischmanieren, Tafelsilber und Augartenporzellan los wird. „Ihr könnt euch euren Differentialquotienten wohin stecken!“, erklärte ich Eltern und Mathe-Lehrern, „Als Tänzerin brauch ich den sowieso niemals.“

Dann kam Dirty Dancing. Und wieder war Tanz die Revolte gegen Regeln. Aber diesmal war`s anders, weil die Revolte selber mit so vielen Regeln behaftet war. Unvorstellbar, dass Baby und Johnny den Ghettoblaster mal bis zum Anschlag aufdrehen oder auf Autos springen würden. Die übten sich bieder in Takt zählen, Rücken gerade, Kopf hoch und lächeln, lächeln, lächeln. Die schnitten auch keine Kragen vom Sweatshit ab, statt dessen gab`s Kleidchen und Riemchensandalen. Der Molotowcocktail Tanz war zum Tischfeuerwerk mutiert.

Aber Baby wollte ja auch nie Tanzen, um des Tanzens Willen. Sie wollte Patrick Swayze (wer nicht?), sie wollte mal ein bißchen cooler sein, sie wollte einer Freundin aus der Patsche helfen. Wäre das mit Spitzenklöppeln gegangen, hätte sie Spitzenklöppeln gelernt. „Wenn du deinen Traum aufgibst, stirbst du“, hieß es fünf Jahre zuvor in Flashdance. Dirty Dancing machte daraus: „Wenn Du Deinen Traum aufgibst, gehst du halt Minigolf spielen.“ Verzehrendes Fieber? Intrinsische Motivation? Fehlanzeige. Statt dessen bekamen wir eine Modewelle und Tanzen wurde Mainstream.

C. und ich fühlten uns betrogen. Expertise, so heißt es, stiftet Identität. Das ist niemals so wahr wie bei Teenagern, die ihre erst puzzeln müssen. Nun aber fielen die Übernacht-Tanzexperten wie die Termiten über unsere aus ungezählten Muskelzerrungen gezimmerte Nische her. Good-bye USP, hello Weltschmerz! Ich brachte meine Spitzenschuhe in Sicherheit, er seine Jazzpants. Alles ist irgendwie falsch, dachten wir.

Oh ja. Kenny Ortega ist ein toller Choreograph. Einer der ganz großen. Aber mit dem, was wir damals als Nachwuchstänzer leben wollten, hatte Dirty Dancing in etwa so viel zu tun wie… naja… Dancing Stars. Selbes System übrigens: Profi bringt Laien zum Takt-zählen. Rücken gerade, Kopf hoch und lächeln, lächeln, lächeln. (Wussten Sie, dass Jennifer „Baby“ Grey Kandidatin der US-Variante war?)

Im Sommer 1987 hat die halbe Welt zu tanzen begonnen. C. und ich haben kurz darauf aufgehört. Was ein Differentialquotient ist, weiß ich noch immer nicht. Man muss sich ein Stückchen Revolte im Herzen bewahren.

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Gastgeberin Nikki macht das so schnell, dass einem vom Zusehen schwindlig wird. Aus gutem Grund – immerhin produziert sie mehrere Reindln Brot täglich für die hungrige Meute. Klassische Backempfehlungen à la „man muss den Teig drei Mal gehen lassen“ hat sie längst über Bord geworfen. Dafür ist bei ihrem Brot-Output schlicht keine Zeit. Statt dessen hat sie das Rezept über die Jahre perfektioniert. „Kannst du’s mir aufschreiben?“, frage ich und ernte ein Grinsen. Gibt natürlich keine verschriftlichte Fassung. Alles nur Daumen mal Pi und nach Köchinnen-Gespür.
Kochende Zwangsneurotiker (vgl. Julian Barnes) wie ich haben’s aber gerne ein wenig präziser. Hier also mein verzweifelter Mitschreibversuch:

Ach, ich sag’s gleich: Kalorienarm ist anders. Aber schmeckt nach Urlaub.

1 kg Mehl (tippe auf glattes, aber mein Bulgarisch ist nicht gut genug, um das zu eruieren)
1 Ei (Oder 2. Oder 3. Nach Geschmack halt. Nikki zuckt mit den Schultern. Aber sie selber nimmt nur eines: Kostengründe.)
1 Eiweiß zusätzlich (das Eigelb zum Bestreichen aufheben)
1 EL Salz
1 TL Zucker
3 EL Sonnenblumenöl
1 EL Essig
1 Würfel frische Hefe
1 Tasse Joghurt (= ca. 200g)
400 ml lauwarmes Wasser (bloß nicht zu heiß, damit die Hefebakterien nicht abgetötet werden)

Alles auf einer bemehlten Fläche gut durchkneten, immer wieder mit Mehl bestäuben und so lange kräftig bearbeiten, bis es ein schöner glatter Laib wird, der (wenn möglich) nicht mehr klebt. #kind2 hegt derzeit den Berufswunsch Masseurin. Die ist in ihrem Element: „Brotmassage“ kichert sie.

Dann ein bißchen Sonnenblumenöl dazu, um den Teig leichter teilen zu können → Laib in drei Teile teilen. Von einem Packerl Butter mit den Fingern Daumennagel große Butterstückchen abzupfen und in den ersten Teil drücken. Zweiten Teigteil drüber, wieder mit Butterstückchen spicken. Dann den dritten (=letzten) Teigfladen drüber, gut andrücken. Alles zu einem großen flachen Fladen auswalken.

Den Brotfladen in Tortenstücke schneiden (siehe Bild oben), die einzelnen Segmente von außen nach innen zu Schnecken einrollen und nebeneinander in ein rundes Reindl setzen. Genug Platz dazwischen lassen, weil der Teig ja noch aufgeht.
Dann: Eine halbe Stunde zugedeckt an einem warmen Ort gehen lassen (auch hier gilt: nicht zu heiß, um die arbeitsamen Bakterien nicht zu meucheln). Inzwischen einen Rakija trinken.
Das zuvor aufgehobene Eigelb mit ein bißchen Sonnenblumenöl vermischen und das Rundbrot damit bestreichen. Bei 250 Grad ca. X Minuten backen. Dabei immer wieder das Reindl umdrehen, damit’s gleichmäßig wird – oder man nimmt gleich Umluft, das muss man ausprobieren. (Nikki hatte kein Umluft-Backrohr.)

Richtig gelesen: X Minuten. Ich glaub, es waren 30, aber ich hab’s mir *grummel* nicht notiert. Der obligate Rakija im Zwischenschritt, you know…
Also: Bitte ausprobieren und mir dann in den Blogkommentaren mitteilen, wie lange es tatsächlich braucht. Ich werd’s demnächst mit 30 Minuten versuchen und hoffe das Beste. So sieht’s jedenfalls aus, wenn’s fertig ist:

Jawohl, ein „Instagram meets Rakija bei Dämmerung“-Foto :)
Das Rundbrot kommt noch dampfend heiß auf den Tisch, riecht und schmeckt herrlich. Die Bulgaren reichen dazu „buntes Salz“ – aber das wird man bei uns eher nicht im Supermarkt kaufen können… However: Wir haben dazu gegrillt und Melanzani-Paprika-Tomaten-Paste gezaubert (Für deutsche LeserInnen: Auberginen). Bloß nicht das Rundbrot schneiden, sondern mit den Händen ein Stück rausreißen. Mahlzeit & Leka noscht!

P.S. Wer der Original-Bäckerin mehr vertraut als meiner Zusammenfassung, muss eben selber hinfahren! Wir waren zwei Wochen mit ReNatour unterwegs. Die offizielle Reisebeschreibung dazu findet sich hier.

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Knopferldrucker

„Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.“ – Erich Fried, Lyriker (1921 -1988)

„Du hast eine Vorliebe für schiache Männer“, analysiert L., „lauter Harvey Keitels in deiner Vergangenheit, keine Clooneys. Bis auf den letzten. Der war ein Schönling. Total untypisch für dich. Dafür kommst du seit über einem Jahr nicht los von ihm. Merke: Schönheit ist ungesund!“ – „Gewagte These“, sage ich, „aber nicht Koinzidenz mit Kausalität verwechseln, Frau Dozentin!“ Und überhaupt: Für mich waren auch die Harvey Keitels immer wunderschön. Denn nicht die Schönheit entscheidet darüber, wen wir lieben, sondern die Liebe, wen wir schön finden (hab ich jedenfalls mal so in der WIENERIN gelesen …).

„Also woran liegt’s?“, fragt L. – „Ach“, sage ich, „er hat halt die richtigen Knöpfe gedrückt.“ Sie nickt wissend. Wir schweigen beide. Gegen Knopferldrucker ist frau machtlos.

Casanova, Urvater aller Knopferldrucker, sagte ja bekanntlich den Schönen, sie wären klug, und den Klugen, sie wären schön. Er hat’s erfunden. Mein Ex hat’s perfektioniert. Er fand mich immer dann schön, wenn ich gerade auf Kriegsfuß mit meinem Übergewicht stand, und klug, wenn ich mir vorkam wie der ärgste Trottel. Und war ich schmähstad, hat er meine Schlagfertigkeit gepriesen…

„Ach“, sage ich traurig, „ich bin 40. Ich habe Schwangerschaftsstreifen wie ein Zebra, Augenringe wie ein Panda und Allüren wie eine Bienenkönigin. Ich werde nie wieder einen finden, der mich so vorbehaltlos toll findet!“ – „Doch“, sagt L., „mich. Und irgendwo wartet sicher noch ein netter Zoologe im Keitel-Look auf dich.“

[Herzfrequenz-Kolumne für die WIENERIN 275/ August 2012]

„Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.“ – Erich Fried, Lyriker (1921 -1988)

Du hast eine Vorliebe für schiache Männer“, analysiert L., „lauter Harvey Keitels in deiner Vergangenheit, keine Clooneys. Bis auf den letzten. Der war ein Schönling. Total untypisch für dich. Dafür kommst du seit über einem Jahr nicht los von ihm. Merke: Schönheit ist ungesund!“ – „Gewagte These“, sage ich, „aber nicht Koinzidenz mit Kausalität verwechseln, Frau Dozentin!“ Und überhaupt: Für mich waren auch die Harvey Keitels immer wunderschön. Denn nicht die Schönheit entscheidet darüber, wen wir lieben, sondern die Liebe, wen wir schön fi nden (hab ich jedenfalls mal so in der WIENERIN gelesen …). „Also woran liegt’s?“, fragt L. – „Ach“, sage ich, „er hat halt die richtigen Knöpfe gedrückt.“ Sie nickt wissend. Wir schweigen beide. Gegen Knopferldrucker ist frau machtlos.

Casanova, Urvater aller Knopferldrucker, sagte ja bekanntlich den Schönen, sie wären klug, und den Klugen, sie wären schön. Er hat’s erfunden. Mein Ex hat’s perfektioniert. Er fand mich immer dann schön, wenn ich gerade auf Kriegsfuß mit meinem Übergewicht stand, und klug, wenn ich mir vorkam wie der ärgste Trottel. Und war ich schmähstad, hat er meine Schlagfertigkeit gepriesen…

„Ach“, sage ich traurig, „ich bin 40. Ich habe Schwangerschaftsstreifen wie ein Zebra, Augenringe wie ein Panda und Allüren wie eine Bienenkönigin. Ich werde nie wieder einen fi nden, der mich so vorbehaltlos toll fi ndet!“ – „Doch“, sagt L., „mich. Und irgendwo wartet sicher noch ein netter Zoologe im Keitel-Look auf dich.“

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Nicole Kolisch

Nicole Kolisch ist Journalistin, Bloggerin und WIENERIN-Kolumnistin.

In ihrer Kolumne „Herzfrequenz“ schreibt sie über die ganz alltäglichen Irrungen und Wirrungen der Liebe. Und über das, was wir in schwachen Momenten dafür halten.

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