Du hast eine Vorliebe für schiache Männer“, analysiert L., „lauter Harvey Keitels in deiner Vergangenheit, keine Clooneys. Bis auf den letzten. Der war ein Schönling. Total untypisch für dich. Dafür kommst du seit über einem Jahr nicht los von ihm. Merke: Schönheit ist ungesund!“ – „Gewagte These“, sage ich, „aber nicht Koinzidenz mit Kausalität verwechseln, Frau Dozentin!“ Und überhaupt: Für mich waren auch die Harvey Keitels immer wunderschön. Denn nicht die Schönheit entscheidet darüber, wen wir lieben, sondern die Liebe, wen wir schön fi nden (hab ich jedenfalls mal so in der WIENERIN gelesen …). „Also woran liegt’s?“, fragt L. – „Ach“, sage ich, „er hat halt die richtigen Knöpfe gedrückt.“ Sie nickt wissend. Wir schweigen beide. Gegen Knopferldrucker ist frau machtlos.
Casanova, Urvater aller Knopferldrucker, sagte ja bekanntlich den Schönen, sie wären klug, und den Klugen, sie wären schön. Er hat’s erfunden. Mein Ex hat’s perfektioniert. Er fand mich immer dann schön, wenn ich gerade auf Kriegsfuß mit meinem Übergewicht stand, und klug, wenn ich mir vorkam wie der ärgste Trottel. Und war ich schmähstad, hat er meine Schlagfertigkeit gepriesen…
„Ach“, sage ich traurig, „ich bin 40. Ich habe Schwangerschaftsstreifen wie ein Zebra, Augenringe wie ein Panda und Allüren wie eine Bienenkönigin. Ich werde nie wieder einen fi nden, der mich so vorbehaltlos toll fi ndet!“ – „Doch“, sagt L., „mich. Und irgendwo wartet sicher noch ein netter Zoologe im Keitel-Look auf dich.“