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Der alte Mann und das Follower-Meer: Für 100 Tage wagt Frank Elstner sein “Twitter-Experiment” und hat bereits am ersten Tag gewonnen. Eine Liebeserklärung. [geschrieben Dez. 2011 / erschienen im WIENER 365/März 2012]

“Mein Erzeuger twittert jetzt. Nehme noch Wetten entgegen, wie lange er durchhält”, verlautbart der TV-Produzent Thomas Elstner am 8. Dezember. Tatsächlich: Zunächst etwas wackelig, aber unerschrocken wagt sich Showmaster Frank Elstner in das unbekannte Twitter-Terrain…

Er sei mit seinem Sohn in der Stammkneipe gesessen und der Junior hätte dauernd am Smartphone herumgefingert, erzählt Elstner. Da gab es für ihn letztlich zwei Möglichkeiten: Den Beleidigten zu spielen (à la “Dein Handy ist dir wohl wichtiger als dein alter Herr”) – oder in die Offensive zu gehen und sich des Sohnes liebstes Hobby einfach einmal zeigen zu lassen. Elstner entschied sich für letzteres – seitdem twittert er. Zumindest 100 Tage will er durchhalten. “Mein Sohn sagt, »hält frisch«. Mal sehen…”

Das könnte man nun als nette Anekdote und öffentlich ausgetragene Familienzusammenführung zu den Akten legen. Aber was Elstner hier vorexerziert, ist weit mehr als das. Es ist schlichtweg zauberhaft; generationsübergreifend im großen Stil – und inzwischen auch schon mit einem “Goldenen Blogger” in der Kategorie “Newcomer des Jahres 2011” ausgezeichnet. Man kann also auch mit 69 noch Newcomer sein. Good to know.

Er möchte nicht wie ein Zirkuspferdchen auf „zeitgemäß“ getrimmt werden, sagt der Newcomer gegenüber der FAZ. Folgerichtig findet man im Elstner‘schen Twitter-Stream auch nichts Anbiederndes, nichts Pseudo-Jugendliches. Er übernimmt, was ihm sinnvoll erscheint, freundet sich etwa vor aller Augen mit der Retweet-Funktion an und lernt Hashtags zu setzen. Kommt ihm was Spanisch vor, dann fragt er seine inzwischen fast 9000 über 10.000 Follower –  aber zeitgeistiger als der Zeitgeist sein? Das hat der Grandseigneur der deutschen Fernsehunterhaltung nicht nötig. Auch wenn’s nicht allen gefällt…

Prompt diagnostiziert der Branchendienst turi2 ein “langweiliges Sparkassen-Direktor-Image”. Aber die Replique lässt nicht lange auf sich warten: “Lieber das Image eines Sparkassen Direktors als das eines Investment Brokers”, twittert Elstner. Nachsatz: “Besonders zur Zeit.”

Dass ihm das alles – im Gegensatz zu vielen Alters- und Branchengenossen – so leicht von der Hand geht, liegt daran, dass Elstner, obzwar TV- und Radio-sozialisiert, seine Sendungen immer als interaktive Medien verstanden und gelebt hat. Manchmal ging das ordentlich in die Hose und/oder scheiterte an der Technik – siehe “Nase vorn”. So what? Diesmal ist die Technik klar auf Elstners Seite und verschafft seiner a priori wenig interaktiven SWR-Sendung “Menschen der Woche” via Twitter einen Rückkanal.

Und Elstner? Hat spürbar Spaß daran! – “Twitter Tag 2. Wach geworden und als erstes geschaut wie viele Follower ich habe. Meine Frau sagt: Du hast sie doch nicht mehr alle!

Wetten, dass er nach Tag 100 noch weiter macht?

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